Tenor

1. Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 01. Juli 2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 20. Juni 2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Ergänzungspflegerin K... K... wird für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 22. Februar 2017 bis 14. Februar 2019 Vergütung und Aufwendungsersatz gemäß §§ 1835, 1836 BGB aus der Staatskasse in Höhe von insgesamt 2.327,82 EUR erstattet.

Ihre weitergehenden Erstattungsanträge werden zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 1.400 EUR.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist gemäß §§ 58 ff. FamFG statthaft und zulässig. In der Sache hat sie überwiegend Erfolg, sie ist überwiegend begründet, im Übrigen unbegründet.

1. Die Festsetzung der Vergütung der Ergänzungspflegerin richtet sich nach den Vorschriften über die Bewilligung einer Vergütung für Vormünder, § 1836 BGB i.V.m. §§ 1915, 1909 BGB. Das Amtsgericht - Familiengericht - Bad Liebenwerda hat im Beschluss vom 15. Februar 2017 (berichtigt mit Beschluss vom 20. Februar 2017), in dem die Pflegschaft angeordnet wurde, festgestellt, diese sei berufsmäßig zu führen, weswegen grundsätzlich eine Vergütung der erbrachten Tätigkeit nach dem konkret dargelegten Zeitaufwand erfolgt. Der Vergütungsanspruch richtet sich hierbei gegen die Staatskasse, wenn der betroffene Pflegling, wie im vorliegenden Fall, einkommens- und vermögenslos ist.

2. Der Bezirksrevisor hat den von der Rechtspflegerin in dem angegriffenen Beschluss angesetzten Stundensatz von 33,50 EUR zu Recht beanstandet; es ist vielmehr lediglich der Mindestsatz von 19,50 EUR je Stunde anzusetzen.

a. Die Festsetzung der Vergütung der Ergänzungspflegerin hat der Höhe nach gemäß den Grundsätzen des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG) zu erfolgen. Ist das betroffene Kind mittellos, richtet sich die Vergütung des Vormundes zwingend nach den in § 3 Abs. 1 VBVG geregelten Stundensätzen.

Für die Ermittlung des maßgeblichen Stundensatzes knüpft der Gesetzgeber in § 3 VBVG an der Qualifikation des Betreuers an. Der Mindestsatz beträgt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VBVG 19,50 EUR pro Stunde. Verfügt der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich der Stundensatz, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind (§ 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VBVG). Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG erhöht sich der Stundensatz zudem auf die hier abgerechneten 33,50 EUR, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

Für die Führung einer Betreuung nutzbare, besondere Kenntnisse sind dabei Fachkenntnisse, die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser zu erfüllen und eine erhöhte Leistung zu erbringen. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen. Bloße Fortbildungen, Lebens- und Berufserfahrung sind grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden nutzbaren Fachkenntnissen anzuerkennen, denn die Regelung des Gesetzes knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach der Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Verfügungspraxis sichern. Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Gesamtbetrachtung dahin, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt einer auf die Führung einer Betreuung ausgerichteten Hochschulausbildung vergleichbar sind, entgegen (vgl. BGH FamRZ 2012, 629 f. m. w. N.).

Ein erhöhter Stundensatz ist nicht bereits deshalb gerechtfertigt, wenn die Ausbildung wegen ihrer Komplexität gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat (BGH, a.a.O.). Erforderlich ist vielmehr, dass die Ausbildung im Kern hierauf ausgerichtet ist, wovon auszugehen ist, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet und nach Inhalt und Umfang der Ausbildung sichergestellt ist, dass dieses über bloßes Grundwissen hinausgeht (BGH FamRZ 2012, 629, 631; LG Offenburg JurBüro 2012, 542).

b. Zwar hat die Ergänzungspflegerin hier einen Fachhochschulabschluss erlangt, dieser genügt aber den zuvor dargestellten Anforderungen eben nicht. Der erlangte akademische Grad ist derjenigen einer Diplom-Wirtschaftsjuristin, insoweit hat sie also Betriebswirtschaftslehre (= BWL) und Wirtschaftsprivatrecht im Hauptfach studiert. Dies stellt sie letztendlich auch selbst nicht in Abrede, vielmehr - insbesondere in Ihrem Schreiben vom 23. Oktober 2018 - führt sie im Einzelnen aus...

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