Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsdurchsuchung zur Gefahrenabwehr nach brandenburgischem Polizeirecht: Durchsuchung der Wohnung eines Mitglieds eines rivalisierenden Motorradclubs nach Waffen und anderen gefährlichen Gegenständen
Normenkette
PolG BB § 25
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 19.05.2011; Aktenzeichen 19 T 307/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Frankfurt/O. vom 19.5.2011 - 19 T 307/10 - abgeändert und die Beschwerde des Betroffenen gegen die Durchsuchungsanordnung aus dem Beschluss des AG Eberwalde vom 17.2.2010 - 12 Gs 42/10 - zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde trägt der Betroffene. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Streitwert: 3.000 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer zur Gefahrenabwehr erfolgten gerichtlichen Durchsuchungsanordnung.
Der Antragsteller beantragte am 15.2.2010 beim AG Eberswalde, die Durchsuchung der Wohnung des Betroffenen gem. §§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2, 24 Abs. 1, 25 Nr. 1 BbgPolG anzuordnen.
Zur Begründung führte der Antragsteller aus, der Betroffene sei Mitglied ("Member") des Motorradclubs "H.". Als solcher habe sich der Betroffene einem vereinsinternen "Ehrenkodex" unterworfen, weshalb der Betroffene mutmaßlich an Planungen, Vorbereitungen und Durchführungen von Aktionen seines Clubs beteiligt sei. Gegen den Betroffenen seien bisher insgesamt 19 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, darunter zweimal wegen Freiheitsberaubung und zweimal wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
In den Jahren 2009 und 2010 sei es in der Rockerszene aufgrund verschärfter Auseinandersetzungen rivalisierender Motorradclubs um die Vorherrschaft in bestimmten Betätigungsfeldern zu schweren Verstößen gegen die Rechtsordnung gekommen. Die Motorradclubs konkurrierten in verschiedenen Bereichen miteinander, etwa in der Türsteherszene, im Rotlichtmilieu, beim Handel mit Betäubungsmitteln und Anabolika, beim Menschenhandel, bei Schutzgelderpressungen, bei der Hehlerei von hochwertigen Motorrädern und Motorradteilen sowie beim Waffenhandel. Bei polizeilichen Kontrollen seien bei den Angehörigen der Szene vielfach und wiederholt Waffen und gefährliche Gegenstände aufgefunden worden. Seit dem Jahr 2005 seien im Rahmen von Auseinandersetzungen zwischen den "H." und den "B." Mitglieder und Unterstützer durch Straftaten unter Einsatz von Waffen sowie gefährlichen Gegenständen schwer verletzt und in die Gefahr des Todes gebracht bzw. getötet worden.
Beispielhaft zählte der Antragsteller insgesamt elf Vorfälle aus dem Jahr 2009 in ... auf, in denen es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern verschiedener Motorradclubs unter Einsatz von diversen Waffen gekommen sei. Dabei seien wiederholt verschiedene Mitglieder der jeweiligen Motorradclubs körperlich schwer geschädigt worden, so dass diese teilweise stationär hätten behandelt werden müssen. Es sei zu lebensgefährlichen Messerstichen und Machetenhieben gekommen. In einem Fall sei ein Mord mittels einer Granate versucht worden. In einem anderen Fall hätten Mitglieder eines Motorradclubs Schussverletzungen erlitten. In einem weiteren Fall sei einem Geschädigten ein geladener Revolver vorgehalten worden.
Anlässlich der zeitgleichen Durchsuchung von Wohnungen und Objekten von führenden Mitgliedern verschiedener Motorradclubs am 17.9.2009 seien insgesamt 81 Gegenstände sichergestellt worden, darunter eine Pistole, ein geladener Revolver, eine Übungsgranate, eine Gasdruckwaffe, eine Duellpistole, eine Armbrust, Baseballschläger, Schlagringe, Totschläger, Teleskopschlagstöcke, Schwerter, eine Machete, Äxte, Dolche, Lanzen, Wurfsterne, diverse Arten von Messern, Axtstiele, ein abgesägter Billardstock und ein Paar Quarzsandhandschuhe.
Bei einer weiteren Durchsuchungsaktion eine Woche später seien weitere 91 Gegenstände sichergestellt worden, darunter vier Schusswaffen, Baseballschläger, Schlagringe, Teleskopschlagstöcke, Schwerter und Macheten, Äxte, diverse Messer, Axtstiele, Quarzsandhandschuhe, Schlagstöcke, Reizgassprühgeräte sowie ein Elektroschocker.
Bei insgesamt neun anlassbezogenen Kontrollen in der Zeit von September 2009 bis Januar 2010 sei im Kontext von Veranstaltungen von Motorradclubs ebenfalls eine Vielzahl von Waffen sichergestellt worden, darunter Messer, Teleskopschlagstöcke, Quarzsandhandschuhe, Baseballschläger, Axtstiele, Reizgassprühdosen, ein Würgeholz, Patronen, Beile, Totschläger sowie ein Stahlkabel mit einer Handschlaufe.
Bei der Verhaftung eines ehemaligen Mitglieds eines verbotenen Motorradclubs seien in den anschließend eingeleiteten Durchsuchungen u.a. 12 kg Marihuana, 4 kg Haschisch, 166g Amphetamin, 67g Kokain und 19.000 EUR Dealgeld sichergestellt worden.
Auch bei einer am 27.10.2009 durchgeführten Durchsuchung eines Mitglieds eines Motorradclubs seien Waffen sichergestellt worden, insbesondere eine Schreckschusswaffe ...