Leitsatz (amtlich)
Wenn die Antragstellerin von Verfahrenskostenhilfe mit ihrem Kind und einer weiteren erwachsenen Person als Familie zusammen lebt und wirtschaftet, kommt der Abzug eines Mehrbedarfsbetrages für Alleinerziehende (§ 115 I 3 Nr. 4 ZPO) nicht in Betracht.
Verfahrensgang
AG Zossen (Beschluss vom 15.10.2014; Aktenzeichen 6 F 502/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Zossen vom 15.10.2014 wird zurückgewiesen, soweit ihr durch den Beschluss des AG vom 6.11.2014 nicht abgeholfen worden ist.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
Soweit der Beschwerde nicht abgeholfen worden ist, ist sie unbegründet. Die Ratenhöhe (§§ 113 I FamFG, 115 II 1 ZPO) ist nicht zu Ungunsten der Antragstellerin unrichtig festgesetzt worden.
Die beiden mit der Beschwerde geltend gemachten Gesichtspunkte können der Antragstellerin nicht zu einer ihr günstigeren Beurteilung verhelfen:
Ob das Kindergeld als Einkommen des um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten oder als Einkommen seines Kindes zu berücksichtigen ist, kann dahinstehen. Als Einkommen des Kindes schmälert es gem. § 115 I 7 ZPO den auf das Kind entfallenden Freibetrag nach § 115 I 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO, so dass beide Varianten zum gleichen - dem vom AG vertretenen - Ergebnis führen (vgl. Musielak-Fischer, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 115 Rz. 4; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 115 Rz. 19).
Ein Mehrbedarfsbetrag nach § 115 I 3 Nr. 4 ZPO kann nicht abgezogen werden. Dem Abzug steht nicht entgegen, dass er nur dazu diente, einen als Sozialleistung bezogenen Mehrbedarfsbetrag nicht als verfügbares Einkommen zu berücksichtigen. Vielmehr kann der Mehrbedarfsbetrag auch vom Arbeitseinkommen abgezogen werden (Zöller/Geimer, § 115 Rz. 35b; BeckOK-ZPO-Reichling, Stand: Sept. 2014, § 115 Rz. 42a, beide mit Verweis auf die Regierungsbegründung zum Entwurf des eingefügten § 115 I 3 Nr. 4 ZPO, BT-Drucks. 17/11472, 30). Die Antragstellerin hätte zudem - entgegen der Ansicht des AG - allein den sozialhilferechtlichen Tatbestand des Mehrbedarfs darzulegen, nicht einen konkret entstandenen Mehrbedarf (a.a.O.). Diese Darlegung fehlt aber im Antrag der Antragstellerin. Die alleinige Sorge für die Pflege und Erziehung eines Kindes (§§ 21 III SGB II, 30 III SGB XII) obliegt einer Person dann, wenn sich keine weitere Person in nachhaltiger Weise hieran beteiligt. Gegen eine alleinige Sorge kann sprechen, dass andere im Haushalt lebende erwachsene Personen an der Kinderbetreuung mitwirken (Gagel-Düring, SGB II, Stand: 2014, § 21 Rz. 20). Zum vollständig schlüssigen Vortrag, das Kind allein zu betreuen, hätte deshalb die Darlegung gehört, ob sich die dritte im Haushalt lebende Person (Abschnitt H, Nr. 3 des Erklärungsformulars, Bl. 4 VKH), bei der es sich um den Mieter der Wohnung handeln wird (Seite 1 des vorgelegten Mietvertrages, Bl. 16 VKH), an der Kinderbetreuung beteiligt. Sollte die Antragstellerin mit ihrem Kind und dieser Person als Familie zusammen leben und wirtschaften, so kommt der Abzug eines Mehrbedarfsbetrages nicht in Betracht. Da diese Möglichkeit nach den Angaben der Antragstellerin im Erklärungsformular und im Mietvertrag nahe liegt, hätte sie näher darlegen müssen, weshalb sie dennoch als Alleinerziehende gelten will.
Vom Nettoeinkommen der Antragstellerin (1.504,81 EUR) sind abzuziehen: ihre Freibeträge (206 + 452 EUR), der um das Kindergeld verminderte Freibetrag des Kindes (299 - 184 EUR), für die Fahrten zur Arbeitsstelle 5,20 EUR je Entfernungskilometer (17 — 5,20 EUR) die Hälfte der nachgewiesenen Wohnkosten (411,16 EUR: 2), die nachgewiesenen Hausrat- und Haftpflichtversicherungsprämien, soweit sie sich nicht auf den Pkw beziehen (16,42 EUR). Weitere geltend gemachte Abzugspositionen sind nicht mit Belegen versehen oder aus den Freibeträgen zu bestreiten. Es verbleibt ein einzusetzendes Einkommen von 421,41 EUR, dessen Hälfte die Antragstellerin als Monatsraten auf die Verfahrenskosten aufzubringen hat (§§ 113 I FamFG, 115 II 1 ZPO). Das Verbot der Schlechterstellung im Beschwerdeverfahren steht der Korrektur auf eine höhere als der im Abhilfebeschluss des AG festgesetzten Rate entgegen.
Die Entscheidung über die Gerichtsgebühr beruht auf Nr. 1912 KV-FamGKG. Die Antragstellerin hat im Abhilfeverfahren einen Teilerfolg erreicht. Im Übrigen ist über die Kosten nicht zu entscheiden (§§ 113 I FamFG, 127 IV ZPO).
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 I FamFG, 574 II, III ZPO), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 7600424 |
FamRZ 2015, 946 |
FuR 2015, 675 |
NZFam 2015, 276 |