Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Potsdam vom 14.11.2019 - 440 F 212/19 - wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die Rechtsverteidigung des Antragsgegners keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Die Feststellungen des Amtsgerichts, wonach der Antragsgegner bei Einsatz der ihm möglichen und zumutbaren Anstrengungen in der Lage ist, den von dem Antragsteller sinngemäß geltend gemachten Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind ab dem 01.03.2019 zu zahlen, halten der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

Darauf, dass die tatsächlich von dem Antragsgegner bezogenen Einkünfte nicht ausreichen, bei Wahrung des ihm zu belassenden Selbstbehalts für den geltend gemachten Kindesunterhalt und den Unterhalt seines weiteren Kindes aufzukommen, kann sich der Antragsgegner nicht berufen.

Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nur derjenige nicht unterhaltspflichtig, der bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Daraus folgt auch die Verpflichtung des barunterhaltspflichtigen Elternteils zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nicht nur die tatsächlichen, sondern auch erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden (BGH, FamRZ 2014, 637; 2013, 1378; 2011, 1041; 2009, 314). Die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit und damit auch für die Ausschöpfung aller zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten liegt beim Unterhaltspflichtigen (vgl. BVerfG, FamRZ 2008, 1145; BGH, FamRZ 2012, 517; 2008, 2104; Palandt/Brudermüller, BGB, 79. Aufl., § 1603, Rn. 47).

Der Antragsgegner hat nicht dargetan, dass er sich seit dem Eintritt seiner Barunterhaltspflicht um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht hat, deren Vergütung ihn in die Lage versetzt hätte, für den Unterhalt des minderjährigen Antragstellers aufzukommen, sodass das Amtsgericht für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit zu Recht nicht die tatsächlich erzielten Einkünfte, sondern die bei gehörigem Einsatz seiner Arbeitskraft erzielbaren Erwerbseinkünfte zugrunde gelegt hat.

Soweit der Antragsgegner sich auf mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache und eine vermeintlich eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit als Kraftfahrer beruft, steht dies der Berücksichtigung fiktiver Einkünfte nicht entgegen. Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance bestehe, sind - insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB - strenge Maßstäbe anzulegen. Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter wird auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit regelmäßig kein Erfahrungssatz dahin gebildet werden können, dass sie nicht in der Lage sind, eine vollschichtige Tätigkeit zu finden. Dies gilt selbst für ungelernte Kräfte oder für Ausländer mit eingeschränkten deutschen Sprachkenntnissen (BGH, FamRZ 2014, 637). Der diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner hat nicht dargelegt, sich um eine Tätigkeit bemüht zu haben, die ihn in die Lage versetzt, dem Antragsteller wenigsten den Mindestunterhalt abzüglich des hierauf anzurechnenden Kindergeldanteils zu zahlen.

Hierfür genügt es nicht, die Vermittlungs- und Qualifikationsangebote des Jobcenters zu nutzen. Vielmehr ist von dem Antragsgegner eine intensive Eigeninitiative zu erwarten (BGH, NJW 2014, 932; Born NZFam 2014, 252; Viefhues, FuR 2015, 66; (BeckOGK/Wendtland, Stand 1.2.2020, § 1610 BGB, Rn. 44).

Vor dem Hintergrund seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit ist es unterhaltsrechtlich nicht zu billigen, dass er die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die ihm vom Jobcenter angebotenen Qualifizierungsmaßnahme und einen Deutschkurs an der Volkshochschule zurückstellt (BGH, NJW 2011, 1874, Rn. 36).

Ebenso wenig kann er sich darauf berufen, wegen der Mitbetreuung des aus seiner Ehe hervorgegangenen weiteren Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert zu sein. Da das von ihm und seiner Ehefrau betreute Kind und der Antragsteller gem. § 1609 Satz 1 Nr. 1 BGB unterhaltsrechtlich gleichrangig sind, darf sich der Antragsgegner nicht ohne Weiteres ...

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