Leitsatz (amtlich)

1. Eine unzulässige Teilabhilfeentscheidung kann nicht dazu führen, dass zu Lasten der Beschwerdeführerin ihr ursprünglich zulässiges Rechtsmittel - z.B. wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts - unzulässig wird. Vielmehr ist die prozessordnungswidrig ergangene Abhilfeentscheidung insgesamt unwirksam.

2. Zum Vergütungsanspruch des Verfahrenspflegers.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 21.02.2008; Aktenzeichen 33 F 51/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin wird der Beschluss des AG Oranienburg vom 25.4.2007 unter Aufhebung des Teilabhilfebeschlusses vom 21.2.2008 - Az. 33 F 51/06 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung und der Aufwendungsersatz für die Verfahrenspflegerin wird für die Zeit vom 24.2.2006 bis zum 5.2.2007 auf 423,93 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 50 Abs. 5, 67a Abs. 5, 56g Abs. 5 Satz 1 FGG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und in zulässiger Weise eingelegt worden. Insbesondere übersteigt der Beschwerdewert 150 EUR.

Die Verfahrenspflegerin hat mit Rechnung vom 26.3.2006, berichtigt mit Schreiben vom 5.2.2007 (Bl. 58 GA) einen Betrag von 298,69 EUR sowie mit Rechnung vom 5.2.2007 (Bl. 57 GA) einen weiteren Betrag von 125,24 EUR, mithin insgesamt 423,93 EUR, für ihre Tätigkeit im Verfahren in Rechnung gestellt. Das AG hat mit Beschluss vom 25.4.2007 die Erstattung i.H.v. 243,19 EUR festgesetzt. Gegen den ihr am 7.5.2007 zugestellten Beschluss hat die Verfahrenspflegerin mit am 21.5.2007 eingegangenem Schriftsatz Rechtsmittel eingelegt mit dem Ziel der Festsetzung in der in Rechnung gestellten Höhe.

Die Rechtspflegerin hat das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde ausgelegt und diesem durch Beschluss vom 21.2.2008 teilweise abgeholfen, indem sie eine weitere Erstattung von 111,28 EUR angeordnete und im Übrigen die sofortige Beschwerde dem Senat vorgelegt hat.

Der ursprüngliche Beschwerdewert betrug (423,93 EUR -243,19 EUR =) 180,74 EUR und überstieg damit die Mindestbeschwerdesumme gem. § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG. Infolge der Teilabhilfe ermäßigte sich der Beschwerdewert allerdings auf nur (180,47 EUR -111,28 EUR =) 69,46 EUR. Damit war die Mindestbeschwerdesumme bei Vorlegung an das OLG nicht mehr erreicht. In derartigen Fällen ist die sofortige Beschwerde grundsätzlich unzulässig, weil es auf den Wert ankommt, der nach der Teilabhilfe verbleibt. Das Rechtsmittelgericht soll nur angerufen werden dürfen, wenn die Mindestbeschwerdesumme nach der abschließenden Entscheidung des Ausgangsgerichts erreicht wird (vgl.: BayObLGZ 1995, 374; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2003, 152; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 567 Rz. 46; Baumbach/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 567 Rz. 19; jeweils m.w.N.). Hier hat die Rechtspflegerin des AG jedoch prozessual unzulässig eine Teilabhilfeentscheidung getroffen. Eine Abhilfemöglichkeit ist im Rahmen der sofortigen Beschwerde gem. §§ 56g Abs. 5 Satz 1; 22 Abs. 1 FGG nicht eröffnet, sondern gem. § 18 Abs. 2 FGG ausdrücklich ausgeschlossen. Hieran hat sich auch durch Änderungen der ZPO, wonach grundsätzlich die Abhilfemöglichkeit durch das entscheidende Gericht besteht, nichts geändert (vgl. nur: Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 22 Rz. 6; Keidel/Kuntze/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 56g Rz. 31; Keidel/Kuntze/Schmidt, a.a.O., § 18 Rz. 13). Die Abhilfemöglichkeit nach § 11 Abs. 2 RPflG besteht nur, wenn statt der sofortigen Beschwerde die Erinnerung zulässig ist.

Die unzulässige Teilabhilfeentscheidung kann nicht dazu führen, dass zu Lasten der Beschwerdeführerin ihr ursprünglich zulässiges Rechtsmittel unzulässig wird. Vielmehr ist die prozessordnungswidrig ergangene Abhilfeentscheidung insgesamt unwirksam, so dass der Senat in vollem Umfang über die Beschwerde zu entscheiden hat (KeidelKuntze/Schmidt, a.a.O., § 18 Rz. 39; LG Koblenz, FamRZ 2007, 677). Die ausgesprochene Aufhebung des Teilabhilfe-Beschlusses erfolgt lediglich zur Klarstellung.

Die sofortige Beschwerde ist insgesamt begründet. Die im Hinblick auf die Rechnung vom 26.3.2006 vorgenommenen Kürzungen sind unberechtigt.

Der Verfahrenspflegerin steht für ihre Tätigkeit für die Zeit vom 24.2.2006 bis zum 5.2.2007 ein Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen sowie auf Vergütung aus der Staatskasse entsprechend §§ 1835 Abs. 1; 1836 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 67a Abs. 1, 2 FGG, §§ 1, 4 VBVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, welche Tätigkeiten betreffen, die der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen (BVerfG, FuR 2004, 622/624; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391). Vergütet wird der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand, gemessen daran, was ein sorgfältig arbeitender, gewissenhafter Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwendig ansehen würde. Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (ständige Rechtsprechung des OLG Brandenburg FamRZ 2006, 17...

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