Verfahrensgang

AG Cottbus (Beschluss vom 14.04.2024; Aktenzeichen 540 F 106/23)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 17. April 2024 - Az. 540 F 106/23 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahin abgeändert, dass dem Antragsgegner die ... in ... beigeordnet werden.

2. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

Gründe

Die am 2. Mai 2024 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die im Zuge bewilligter Verfahrenskostenhilfe erfolgte Ablehnung der beantragten anwaltlichen Beiordnung für das zugrunde liegende vereinfachte Unterhaltsfestsetzungsverfahren ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Beiordnung der von dem Antragsgegner gewählten Rechtsanwaltskanzlei erweist sich als erforderlich im Sinne von §§ 113 Abs. 1 FamFG, 121 Abs. 2 ZPO.

Erforderlich ist eine Beiordnung, wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der zur Entscheidung anstehenden Sache zu der Befürchtung Anlass geben, der auf Verfahrenskostenhilfe angewiesene Beteiligte werde ohne anwaltliche Hilfe nicht in der Lage sein, seine Verfahrensrechte sachgemäß und wirksam wahrzunehmen, um so eine ihm günstige Entscheidung zu erreichen.

Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger spricht nach Überzeugung des Senats eine generelle Vermutung für die Hilfsbedürftigkeit des Antragsgegners. Er muss besonders sorgfältig bedenken, welche Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch er mit welchen weiteren Erklärungen und Belegen verbinden muss, damit die Einwendungen überhaupt geprüft werden. Unterlaufen ihm dabei Versäumnisse, so ist für viele Fallkonstellationen eine Nachbesserung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Dies gilt auch nach dem Wegfall des Formularzwangs durch das - für die §§ 249 ff. mit Wirkung zum 1. Januar 2017 in Kraft getretene - Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der ZPO und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20. November 2015 (BGBl. I 2015, 2018), der die ordnungsgemäße Verteidigung gegen die antragsgemäße Festsetzung auch und gerade für den Einwand unzureichender Leistungsfähigkeit nur mäßig vereinfacht hat. Den Senat erreicht weiterhin eine Vielzahl unzulässiger Beschwerden, weil die in Anspruch genommenen Unterhaltsschuldner mit den Hinweisen der zuständigen Rechtspfleger nach § 251 FamFG überfordert sind. Die Verfahrensregelungen der §§ 252, 256 FamFG belasten den juristisch nicht vorgebildeten Antragsgegner mit Komplizierungen, die an der Bezeichnung als "vereinfachtes Verfahren" zweifeln lassen. Diese Bezeichnung mag gegenüber dem Antragsteller und auch gegenüber dem Gericht berechtigt sein, aber für den Antragsgegner träfe eine Bezeichnung als "Verfahren mit sehr unübersichtlichen Regelungen über Einwendungen und Rechtsmittel" eher zu (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht - 4. Familiensenat, Beschluss vom 27. April 2015, Az. 13 WF 85/15). Das mit dem Antrag übermittelte Hinweis- und Datenblatt für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt ist zwar als Orientierungshilfe für den anwaltlich nicht vertretenen Antragsgegner gedacht, ersetzt aber nicht die persönliche fachkundige Beratung auf dem schwierigen Gebiet des Unterhaltsrechts (Rasch in: Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht, Rdnr. 11.567)

Scheitern schon vielfach Unterhaltsschuldner ohne Einwanderungshintergrund an einer Erfolg versprechenden Rechtsverteidigung im Verfahren nach §§ 249 ff. FamFG, spricht im konkreten Fall schon überhaupt nichts dafür, dass der Antragsgegner von den nicht unerheblichen verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten nicht belastet und deshalb nicht auf die Beiordnung eines Rechtsanwalts angewiesen gewesen wäre. Der Antragsgegner ist (erst) im Jahre 2016 als Flüchtling in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Trotz seiner sehr gelungenen Integration, die in dem erfolgreichen Abschluss seiner 2019 aufgenommenen Berufsausbildung zum Bürokaufmann und der Einbürgerung im Jahre 2022 ihren Ausdruck findet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er wegen seiner (insoweit fachfremden) Ausbildung und jetzt auch ausgeübten Tätigkeit über zureichende Kenntnisse des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts des Kindesunterhalts verfügen würde, um sich ohne anwaltliche Beratung und Unterstützung sachgerecht zu verteidigen. Eine vergleichbare beratende Unterstützung zu den konkret in Frage stehenden unterhaltsrechtlichen Aspekten durch einen Rechtspfleger kann nicht erwartet werden. Dem Antragsgegner kann auch nicht ernstlich angesonnen werden, sich Rat suchend an das Jugendamt - seinen Verfahrensgegner - wenden zu müssen.

Im Streitfall kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass im Ergebnis der zulässigen Einwendungen des anwaltlich beratenen Antragsgegners die vereinfachte Unterhaltsfestsetzung ausscheidet und das Jugendamt nunmehr die Durchführung des s...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge