Leitsatz (amtlich)
Die gerichtliche Anordnung eines paritätischen Wechselmodells setzt regelmäßig voraus, dass die Eltern in der Lage sind, bestehende Konflikte einzudämmen und sich hochmotiviert an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren. Zur Anhörung von Kindern im Alter von unter 6 Lebensjahren angesichts der Corona-Pandemie.
Verfahrensgang
AG Bernau (Aktenzeichen 6 F 39/19) |
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners vom 10. Februar 2020 (wiederholt mit Antrag vom 05. Mai 2020) auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
2. Der Senat beabsichtigt die schriftliche Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners und gibt insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen.
Gründe
A. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil der Antragsgegner nicht die gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 2 und 3, 119 Abs. 1 ZPO erforderliche Erklärung zur Verfahrenskostenhilfe eingereicht und damit seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen hat. Dies hat bereits erstinstanzlich zur Zurückverweisung der begehrten Verfahrenskostenhilfe geführt (Beschluss des Amtsgerichts v...... - Bl. 1 VKH-Heft Antragsgegner), aus gleichem Grunde ist auch die gegen diesen amtsgerichtlichen Beschluss gerichtete Beschwerde des Antragsgegners - innerhalb derer er eine tatsächlich nicht eingereichte VKH-Erklärung angeführt hat - zurückgewiesen worden (Beschluss des Einzelrichters des Senats vom heutigen Tage zum Az. 9 WF 78/20 - Bl. 6 VKH-Heft Antragsgegner).
Allein deshalb musste dem (zumal anwaltlich vertretenen) Antragsgegner auch für das hiesige Beschwerdeverfahren bewusst sein, dass er eine entsprechende Erklärung vorzulegen hat. Gleichwohl hat er diese aber innerhalb der Beschwerdeinstanz weder in seiner Beschwerdeschrift noch innerhalb der Beschwerdebegründung angekündigt oder sonstige Erklärungen zu seiner Hilfebedürftigkeit abgegeben.
B. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist zudem auch deshalb zurückzuweisen, weil der Beschwerde die notwendige Erfolgsaussicht gem. §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114, 119 Abs. 1 ZPO fehlt, soweit der Antragsgegner für seinen Sohn die Einrichtung eines Wechselmodells begehrt.
I. Entscheidender Maßstab für die Regelung im Einzelfall und damit auch für ein Wechselmodell ist letztlich die für das konkrete Kind beste Alternative: Dies bestimmt sich allein nach dem Kindeswohl (BGH FamRZ 2017, 532; so auch BVerfG, FamRB 2015, 89).
Insoweit kommt der Kommunikationsfähigkeit der Eltern eine besondere Bedeutung zu. Die gerichtliche Anordnung eines paritätischen Wechselmodells setzt eine zuverlässige Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Die beim Wechselmodell auftretenden regelmäßigen Aufenthaltswechsel stellen insbesondere im Schulalltag höhere Anforderungen an die Eltern als ein Umgang lediglich in der Freizeit bzw. im Rahmen einer gelegentlichen Hausaufgabenbetreuung und Lernwiederholung. Zudem müssen beide Eltern ein möglichst einheitliches Erziehungskonzept entwickeln und zugleich die Erziehungsfähigkeit des anderen anerkennen. Das Wechselmodell verlangt damit deutlich mehr als nur ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen bzw. eine tragfähige soziale Beziehung. Darüber hinaus müssen die Eltern in der Lage sein, bestehende Konflikte einzudämmen und sich hochmotiviert an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren (st. Rspr. des Senats, vgl. Senat v. 08. August 2019 - 9 UF 107/19 sowie v. 21. Februar 2019 - 9 UF 227/18, jeweils bei juris; ferner Brandenburgisches Oberlandesgericht - 4. Familiensenat - FamRZ 2020, 345; OLG Bremen FamRZ 2018, 1908; OLG Jena FamRZ 2016, 2126). Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung daher nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes (BGH FamRZ 2017, 532).
II. 1. In objektivierter Hinsicht ist bereits zu beachten, dass die elterlichen Haushalte weit (rund 200 km) auseinanderliegen, was jedenfalls die Einrichtung eines Wechselmodells erschwert (vgl. auch OLG Bremen FamRZ 2018, 1908).
Entscheidend ist aber, dass die Beziehung der Kindeseltern erheblich konfliktbelastet ist, was das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung vom 07. Januar 2020 zutreffend ausgeführt hat und was dementsprechend dem Wohl des Kindes entgegensteht, soweit die Einrichtung eines Wechselmodells begehrt wird. Es kann angesichts der Streitigkeiten der Eltern nicht einmal festgestellt werden, dass sich die Eltern zumindest in wesentlichen kindbezogenen Fragen verständigen konnten. Dies übersieht der Antragsgegner in Begründung seiner Beschwerde, die sich lediglich mit den allgemeinen Rahmenbedingungen betreffend der Möglichkeit der Einrichtung eines Wechselmodells sowie den Bindungen des Kindes auseinandersetzt. Auch deshalb lehnen letztendlich die übrigen neutralen Verfahrensbeteiligten (Jugendamt gem. Bericht vom 19. Mai 2020 - Bl. 1...