Leitsatz (amtlich)

1. Erwerbsobliegenheitsverstoß und Zurechnung eines fiktiven Einkommens als Bäcker in Vollzeit.

2. Zur Zurechnung fiktiver Mieteinnahmen.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Aktenzeichen 36 F 7/13)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt RW in Velten bewilligt.

 

Gründe

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens war zurückzuweisen, weil dem Rechtsmittel hinreichende Erfolgsaussichten nicht beigemessen werden können. Eine auch nur teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung zugunsten des Antragstellers scheidet nach derzeitiger Aktenlage aus. Im Einzelnen:

I. Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt seit September 2011 und fortlaufend.

Der Antragsteller ist der Vater des am 15.2.2005 geborenen Antragsgegners, der seit der Trennung der Kindeseltern im Jahr 2007 im Haushalt seiner Mutter lebt. Mit Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Oranienburg vom ... wurde der Antragsteller verpflichtet, beginnend ab 1.6.2011 den Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe abzgl. des anzurechnenden hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen (Bl. 21 GA).

Mit dem am 6.9.2012 eingegangenen Abänderungsantrag hat der Antragsteller Leistungsunfähigkeit eingewendet und die Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses dahin beantragt, dass er ab September 2011 zu Unterhaltszahlungen nicht mehr verpflichtet ist.

Der am 29.11.1977 geborene Antragsteller hat die allgemeine Schulausbildung nach der 10. Klasse erfolgreich abgeschlossen und nach dem Wehrdienst eine Ausbildung als Bäcker(geselle) absolviert, die er im August 1997 erfolgreich beendet hat (Bl. 80). Danach hat er bis Juni 2009 in seinem erlernten Beruf bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet. Das letzte Arbeitsverhältnis wurde nach Behauptung des Antragstellers von ihm selbst beendet, nachdem der Arbeitgeber die Gehaltszahlung infolge der Verletzung eingestellt und er den Verdienst habe einklagen müssen, weshalb das Vertrauensverhältnis zerrüttet gewesen sei. Eine Rückkehr in den erlernten Beruf sei aus gesundheitlichen Gründen zunächst nicht möglich gewesen. Seit 7.12.2010 war er als selbständiger Gewerbetreibender in der Serviceberatung und Neukundengewinnung für die Fa.E. beschäftigt, wobei er vom 10.11.2011 bis 9.8.2011 einen Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit von monatlich 1.014 EUR erhalten hat. Aus den im Übrigen erwirtschafteten Provisionen habe er mit Blick auf behauptete erhebliche Betriebsausgaben allerdings zu keiner Zeit Einkünfte oberhalb des notwendigen Selbstbehalts erzielt. Die Tätigkeit des Antragstellers wurde im September 2012 durch den Auftraggeber beendet. Vom 11.9.2012 bis zum 5.5.2013 bezog der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II. Seit dem 6.5.2013 ist der Antragsteller als Bäcker bei der B. K. Bäckerei GmbH in Berlin mit 40 Stunden/Woche und einem Nettogehalt von 1.200 EUR beschäftigt. Er behauptet, er müsse die eine einfache Wegstrecke von 39 km zwischen Wohnsitz und Arbeitsstelle mit dem Pkw zurücklegen, weil er bei einem Arbeitsbeginn um 1.00 bzw. 2.00 Uhr nachts nicht auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen könne.

Der Antragsteller war neben der Kindesmutter zunächst hälftiger Eigentümer eines Hausgrundstücks in K. Das Grundstück ist mit einem Haus bebaut, in dem sich im Erdgeschoss ein Ladenlokal, bestehend aus 51 qm zzgl. zwei Zimmern mit je 10 qm und einer Küche, in der ersten Etage eine etwa 90 qm große Wohnung, die der Antragsteller selbst nutzt, und im Dachgeschoss eine rund 35 qm große weitere Wohnung befindet, die bis Ende des Jahres 2011 zu einem Nettokaltmietzins von 335,70 EUR vermietet war. Im Dezember 2011 hat es einen Heizungsdefekt gegeben, der unrepariert in der weiteren Folge zu erheblichen Frostschäden an den Heizkörpern in den beiden Wohnungen geführt hat. Im April 2013 hat der Antragsteller diesen Heizungs-Frost-Schaden mit einem Kostenaufwand von 2.490,66 EUR (Bl. 156 f. GA) reparieren lassen. Seit Januar 2012 bewohnt allein der Antragsteller das Hausgrundstück.

Für die Finanzierung des Hausgrundstücks sei seinerzeit ein - mittels Hypothek abgesicherter - Privatkredit aufgenommen worden, der mit monatlich 400 EUR zu bedienen gewesen sei; die Mutter des Antragsgegners habe sich an der Kreditrückführung (zunächst) nicht beteiligt. Der Antragsteller selbst ist spätestens im Jahr 2011 in Zahlungsrückstand geraten (Bl. 17 GA).

Mit zur UR-Nr. 232/2013 des Notars TK mit Amtssitz in F errichtetem notariellen Kaufvertrag vom 6.3.2013 hat der Antragsteller den Miteigentumsanteil der Kindesmutter gegen Zahlung von 5.000 EUR erworben; der Nutzungsübergang war für den 7.3.2013 vereinbart; die Eigentumsumschreibung ist am 18.7.2013 erfolgt. Zur Finanzierung dieses Grundstücksgeschäfts einschließli...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge