Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 18.12.2008; Aktenzeichen 15 T 118/08)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 18. Dezember 2008 - Az.: 15 T 118/08 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 05. Oktober 2008 - Az.: 23 XIV 93/08 - vollzogene Haft in der Zeit vom 05. Oktober 2008 bis zur Abschiebung am 27. Oktober 2008 rechtswidrig war.

Die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Betroffenen wird für die Rechtsbeschwerdeinstanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.

 

Gründe

I.

Die Betroffene begehrt die Feststellung, dass die in der Zeit vom 05. Oktober 2008 bis zum 27. Oktober 2008 vollzogene Abschiebungshaft rechtswidrig gewesen sei.

Wegen des Sachstandes und des Verfahrensverlaufs wird zunächst in vollem Umfang auf die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Ausfertigung Bl. 69 ff. d. A.).

Das Landgericht hat den Antrag der Betroffenen zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Antrag sei zulässig; die Betroffene könne nach der Beendigung der freiheitsentziehenden Maßnahme schon auf Grund der diskriminierenden Wirkungen der Haft die Feststellung begehren, die Haftanordnung sei rechtswidrig gewesen. Die sofortige Beschwerde sei indes unbegründet, weil die Voraussetzungen für die Haftanordnung gegeben gewesen seien. Aus dem der Regelung des § 14 Abs. 3 AsylVfG zu Grunde liegenden Rechtsgedanken lasse sich nicht schließen, dass ein im Ausland im Geltungsbereich der Dublin-II-Verordnung gestellter Asylantrag der Haft entgegenstehe; denn § 14 AsylVfG setze, wie sich aus dessen Absatz 1 schließen lasse, die Zuständigkeit deutscher Behörden für die Durchführung des Asylverfahrens voraus. Der am 07. Oktober 2008 in Deutschland gestellte Asylantrag führe ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit der Haft; denn dieser sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig. Die Antragstellerin sei für die Anordnung der Zurückschiebung und den Haftantrag zuständig; die Zuständigkeit der Bundespolizei umfasse den gesamten grenznahen Raum bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern (§ 2 Abs. 2 BPolG). Die Haftgründe des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 5 des AufenthG seien gegeben. Aus den Umständen der Einreise und der Tatsache, dass sich die Betroffene nach eigenen Angabe bereits mehrere Monate illegal in Deutschland aufgehalten habe, folge, dass sie sich der Ausreisepflicht ohne die Anordnung von Haft entzogen hätte. Die Sicherungshaft sei nicht dadurch rechtswidrig geworden, weil eine Anhörung durch die Kammer nicht mehr erfolgt sei. Wegen der Erforderlichkeit, den Sachverhalt zunächst durch die Einholung einer ärztlichen Auskunft und Beiziehung der Ausländerakten vorzubereiten, sei eine Terminierung vor der Abschiebung nicht möglich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung, welche der Betroffenen am 30. Dezember 2008 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten befindliche Ausfertigung (Bl. 69 ff.) Bezug genommen.

Gegen den vorgenannten Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer am 13. Januar 2009 beim Landgericht Frankfurt/Oder eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde. Sie hat das Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 23. Februar 2009 im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Antragstellerin sei für die Stellung des Haftantrages nicht zuständig gewesen. Zum Zeitpunkt der Festnahme habe die Betroffene sich unmittelbar vor der zentralen Ausländerbehörde aufgehalten und sei von den Beamten der Bundespolizei am Betreten der Behörde, wo sie sich habe anmelden und einen Asylantrag stellen wollen, gehindert worden. Im Übrigen bestehe im grenznahen Raum keine allgemeine Zuständigkeit der Bundespolizei, wenn der Grenzübertritt längere Zeit zurück liege.

Der Haftbeschluss des Amtsgerichts sei mangelhaft begründet; dieser Mangel sei durch das fehlerhafte Verfahren des Landgerichts, welches die Betroffene nicht angehört habe, nicht geheilt worden. Aus der Asylantragstellung in Frankreich folge die Unzulässigkeit der Haftanordnung in Deutschland. Im Übrigen seien die Haftgründe des § 62 Abs. 2 AufenthG nicht gegeben; ihre Inhaftierung trotz Schwangerschaft sei jedenfalls nicht verhältnismäßig.

Der Senat hat die Ausländerakten beigezogen (Az.: SB 14 - 11 02 05-0021 Bd 1).

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§§ 29 Abs. 1, Abs. 4, 22 Abs. 1 S. 1) eingelegt worden. Die Betroffene kann in zulässiger Weise begehren festzustellen, dass die in der Zeit vom 05. Oktober bis zum 27. Oktober 2008 vollzogene Haft unzulässig war. Das im Rahmen des FGG-Verfahrens trotz Erledigung der Hauptsache ausnahmsweise fortbestehende Feststellungsinteresse folgt hierbei aus der fortwirkenden diskriminierenden Wirkung der...

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