Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel gegen solierte Kostenentscheidung in einer Unterhaltssache: formale und inhaltlichen Anforderungen an die Begründung einer Nichtabhifeentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Die vom Amtsgericht bei der Entscheidung nach § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO einzuhaltende Entscheidungsform ist nur bei Erlass eines Beschlusses gewahrt.
2. Mit der Vorlage einer sofortigen Beschwerde ohne Abhilfeprüfung verfehlt das Amtsgericht den Zweck des Abhilfeverfahren, sofortige Beschwerden auf einem möglichst einfachen Weg im Wege der Selbstabhilfe zu erledigen (vgl. OLG Köln, OLGR 2005, 582; OLG Hamm, MDR 04, 412; MüKoZPO/Lipp, 5. Aufl. 2016, ZPO § 572 Rdnr. 16; OLG Koblenz, FamRZ 2008, 288).
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Aktenzeichen 52 F 93/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird die Sache unter Aufhebung der Vorlageverfügung vom 01.07.2019 an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde zu entscheiden hat.
Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
1. Die Antragstellerin beanstandet in einem Kindesunterhaltsverfahren die Kostenentscheidung, die das Amtsgericht nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen getroffen hat, und der zufolge sie die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (vgl. 53r).
Sie ist der Auffassung, die Kosten des Verfahrens seien zumindest gegeneinander aufzuheben (30).
Das Amtsgericht hat die Sache ohne Abhilfeprüfung mit Verfügung vom 01.07.2019 dem Senat vorlegen lassen (vgl. 33).
2. Das Rechtsmittel ist, da es sich gegen die Kostenentscheidung nach Erledigung in einer Unterhaltssache wendet, als sofortige Beschwerde (vgl. §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 ZPO) nach den §§ 567 ff. ZPO zu behandeln (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933; MüKoZPO/Schulz ZPO, 5. Aufl., § 99 Rn. 2 m.w.N.) und als solche statthaft und zulässig.
Die Beschwerde hat vorläufig Erfolg.
Die Sache ist unter Aufhebung der Vorlageverfügung an das Amtsgericht zurück zu verweisen, damit dieses die ihm nach § 572 Abs. 1 ZPO obliegende Selbstabhilfeprüfung nachholen kann.
Es fehlt bereits an der bei der Abhilfeentscheidung nach § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO durch das Amtsgericht einzuhaltenden Entscheidungsform, die nur bei Erlass eines Beschlusses gewahrt ist.
Zudem verfehlt das Amtsgericht mit seiner Verfahrensweise den Zweck des Abhilfeverfahren, Beschwerden auf einen möglichst einfachen Weg im Wege der Selbstabhilfe zu erledigen (vgl. OLG Köln, OLGR 2005, 582; OLG Hamm, MDR 04, 412; MüKoZPO/Lipp, 5. Aufl. 2016, ZPO § 572 Rdnr. 16; OLG Koblenz, FamRZ 2008, 288). Insbesondere wird nicht deutlich, dass das Amtsgericht seiner Prüfungspflicht im Beschwerdeverfahren nachgekommen ist.
Die Kostenentscheidung ist dem Amtsgericht zu übertragen (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32 Aufl., § 572, Rn. 47 m.w.N.).
Die Festsetzung eines Verfahrenswertes ist nicht veranlasst (Nr. 1910 KV FamGKG).
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.
3. Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren der sofortigen Beschwerde konnte der Antragstellerin nicht bewilligt werden. Ihre Hilfsbedürftigkeit (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO) war nicht beurteilbar, da eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entgegen den Angaben in ihrem Schriftsatz vom 26.06.2019 nicht beilag.
Verfügung
1. Beschluss vom 11.07.2019 hinausgeben an:
Verfahrensbevollmächtigter der Beschwerdeführerin U. G. zustellen
Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdegegners E. N. zustellen
mit Anlagen: Schriftsatz vom 26.6.2019
2. Wiedervorlage 2 Wochen
Fundstellen
Haufe-Index 13475614 |
FamRZ 2020, 186 |