Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 22 KLs 8/07) |
AG Cottbus (Entscheidung vom 11.02.2020; Aktenzeichen 57 M 109/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 2. Strafkammer des Landgerichts Cottbus abgeändert.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 11. Februar 2020 (57 M 109/20) wird auch insoweit aufgehoben, als damit durch die weitere Beteiligte die Forderung aus der Kostenrechnung vom 4. November 2009 in Höhe von zunächst 13.444,58 € und nunmehr noch in Höhe von 11.278,17 € zu dem Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus mit dem Aktenzeichen 1750 Js 393/95 vollstreckt wird.
Gründe
I.
Das Land Brandenburg nimmt die Schuldnerin auf Grundlage einer Kostenrechnung zum Verfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus (Az.: 1704 Js 2231/05) vom 11. Mai 2017 (Kassenzeichen a...) sowie einer Kostenrechnung zum Verfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus (Az.: 1750 Js 393/95) vom 4. November 2009 (Kassenzeichen b...) im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch und hat beim Amtsgericht Cottbus einen am 11. Februar 2020 erlassenen Pfändungs - und Überweisungsbeschluss erwirkt.
Auf die Erinnerung der Schuldnerin vom 9. März 2020 hiergegen hat das Landgericht Cottbus durch Beschluss vom 16. November 2020 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben, soweit damit durch die weitere Beteiligte die Kostenforderung zum Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus mit dem Aktenzeichen 1704 Js 2231/05 vollstreckt werde. Die weitergehende Erinnerung hat das Landgericht zurückgewiesen.
Die Schuldnerin hat hiergegen durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 8 Abs. 1 JBeitrG, § 66 Abs. 2 GKG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Erinnerung der Schuldnerin gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch insoweit begründet, als sie sich gegen die Vollstreckung der Kosten zu dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus mit dem Aktenzeichen 1750 Js 393/95 (Kostenrechnung vom 4. November 2009, Kassenzeichen b...) richtet, denn auch insoweit ist die Einrede der Verjährung erfolgreich.
Der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GKG) begann mit Erlass der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung durch Beschluss des Senats vom 24. Januar 2008 (2 Ws 158/06). Ob die Verjährung mit einer - von der Schuldnerin bestrittenen - Übersendung der zugrunde liegenden Kostenrechnung vom 4. November 2009 neu begonnen hat, kann dahinstehen, weil es bis zum danach geltenden Ablauf der Verjährungsfrist zum 31. Dezember 2013 keine erneute wirksame Unterbrechungshandlung gegeben hat.
Die vom Landgericht insoweit herangezogenen Zahlungsaufforderungen vom 4. Juni 2010 und vom 13. August 2012 habe nicht zu einem Neubeginn der Verjährung geführt.
Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GKG beginnt zwar die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Kosten auch durch die Aufforderung zur Zahlung neu. Auch wenn eine förmliche Zustellung insoweit nicht erforderlich ist, müssen Zahlungsaufforderungen dem Schuldner jedoch zugegangen sein (Binz/Dörndorfer/Zimmermann; GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. § 5 GKG Rn. 12). Dies folgt im Umkehrschluss auch aus der Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 3 GKG, wonach bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners ausnahmsweise die Zustellung durch Aufgabe zur Post unter seiner letzten bekannten Anschrift ausnahmsweise ausreicht und als bewirkt anzusehen ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich hierzu aus der Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 18. März 2010 (9 WF 25/10, zit. nach Juris) nichts Abweichendes. Vielmehr hat auch danach die Staatskasse zur Verjährungsunterbrechung grundsätzlich den Zugang voll zu beweisen und kann nicht geltend machen, der Beweis des ersten Anscheins spreche für den Zugang einer der Deutschen Post zur Beförderung übergehenden Sendung.
Dass die Schuldnerin in Abrede stellt, die betreffenden Zahlungsaufforderungen erhalten zu haben, ist ihr nicht zu widerlegen. Hinsichtlich der Aufforderung zur Zahlung vom 4. Juni 2010 ist soweit ersichtlich bereits das zugrunde liegende Schriftstück nicht aktenkundig. Entgegen der Annahme des Landgerichts kann im Übrigen ein Indizienbeweis mit der Maßgabe, dass das Vorbringen der Schuldnerin als bloße Schutzbehauptung bewertet werden müsse, nicht geführt werden. Die von der Kammer hierzu herangezogenen Umstände betreffen spätere Handlungen und Reaktionen der Schuldnerin, die einen konkreten Rückschluss auf den Erhalt von Zahlungserinnerungen vom 4. Juni 2010 bzw. 13. August 2012 nicht zulassen.
Der am 29. Januar 2014 erteilte Vollstreckungsauftrag konnte die Verjährung nicht mehr gemäß § 5 Abs. 3 GKG, § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterbrechen, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 8 Abs. 1 JBeitrG, § 66 Abs. 8 RVG).
Fundstellen
Haufe-Index 14709546 |
AGS 2021, 413 |
StRR 2021, 5 |