Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenregelung in gerichtlichem Vergleich
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Regelung in einem gerichtlichen Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits umfasst im Regelfall auch die Kosten des Vergleichs.
2. Anderes kann nur gelten, wenn sich aus der Auslegung der Kostenabrede ergibt, dass die Parteien trotz der Verwendung des Begriffes "Kosten des Rechtsstreits" die hierfür erzielte Regelung nicht auf die Kosten des Vergleichs erstreckt wissen wollten.
Normenkette
ZPO §§ 91, 98, 104
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 04.08.2005; Aktenzeichen 12 O 640/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Potsdam vom 4.8.2005 - 12 O 640/02 - abgeändert.
Die von den Klägerin als Gesamtschuldner an die Beklagte auf Grund des Beschlusses des LG Potsdam vom 10.5.2005 zu erstattenden Kosten werden auf 4.715,30 EUR nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) ab dem 19.5.2005 festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.565 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger haben im Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 15.10.2004 der Beklagten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, in welchem es u.a. heißt: "Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits allein."
Das LG Potsdam hat mit Beschluss vom 10.5.2005 den Vergleich der Parteien nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt. In diesem heißt es unter Ziff. 2: "Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner."
Mit Antrag vom 18.5.2005 hat die Beklagte um Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten nachgesucht, u.a. um Festsetzung einer Vergleichsgebühr.
Mit Beschluss vom 4.8.2005 hat das LG Potsdam die von den Klägern an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.150,20 EUR festgesetzt. Die Vergleichsgebühr hat es unberücksichtigt gelassen mit der Begründung, der Beschluss vom 10.5.2005 verhalte sich nur über die Kosten des Rechtsstreits, nicht aber über diejenigen des Vergleiches. Diese seien als gegeneinander aufgehoben anzusehen (§ 98 S. 1 ZPO).
Gegen diesen ihr am 5.8.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 19.8.2005 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten.
Diese meint, nach h.M. in Rechtsprechung und Literatur umfasse der in einem Vergleich verwendete Begriff "Kosten des Rechtsstreits" grundsätzlich die Vergleichsgebühr.
Zudem habe sie, die Beklagte, immer klargestellt, dass ein Vergleich nur dann geschlossen werden könne, wenn sie nicht an den Kosten des Rechtsstreits beteiligt werde.
Die Kläger behaupten, die Übernahme der Vergleichskosten der Beklagten seien nicht Gegenstand der Parteienvereinbarung gewesen.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Kläger haben der Beklagten auch eine Vergleichsgebühr i.H.v. 1.565,10 EUR (10/10 Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO × 90 %) zu erstatten.
Entgegen der Ansicht des LG umfasst die Kostenregelung im Vergleich der Parteien auch die Gebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO.
Nach h.M. in der Rechtsprechung und Literatur umfasst eine Regelung in einem gerichtlichen Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits im Regelfalle auch die Kosten eines Vergleichs. Der Prozessvergleich ist Teil des Rechtsstreits, er beendet diesen. Die durch ihn ausgelösten anwaltlichen Gebühren zählen zu den Prozesskosten. Den Begriff "Kosten des Rechtsstreits" verwendet das Gesetz in § 91 Abs. 1 ZPO. Danach sind unter Kosten des Rechtsstreits die Prozesskosten zu verstehen, welche einerseits zerfallen in Kosten nach dem GKG und andererseits in außergerichtliche Kosten. Unter Letzteren versteht man die nach BRAGO bzw. RVG anfallenden Anwaltskosten (Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rz. 1; vor § 91 Rz. 2-5).
Sind nun in einem Vergleich die "Kosten des Rechtsstreits" unter den Parteien verteilt oder von einer Partei ganz übernommen worden, dann sind in der Regel die Vergleichskosten einbezogen, so dass der vereinbarte Verteilungsmodus gilt (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rz. 21e; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 98 Rz. 12; OLG Düsseldorf v. 15.9.1998 - 10 WF 10/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 85 = MDR 1999, 119; OLG Frankfurt AnwBl. 1983, 186; OLG München v. 29.4.1997 - 11 W 3474/96, MDR 1997, 787 = OLGReport München 1997, 179; LAG Düsseldorf v. 8.2.2001 - 7 Ta 37/01, MDR 2001, 655; OLG Hamburg v. 31.10.1995 - 11 W 59/95, OLGReport Hamburg 1996, 45).
Aus § 98 ZPO ergibt sich nichts anderes. Nach dessen S. 1 sind die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs nur dann als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien anderes vereinbart haben. Dies ist hier jedoch der Fall.
Dass § 98 in S. 1 und 2 die Kosten des Vergleiches den Kosten des Rechtsstreits gegenüberstellt, bedeutet nicht etwa, dass die Kosten des Vergleichs nicht zu denen des Rechtsstreits gehören. Die Trennung im Wortlaut der Vorschrift ist vielmehr dadurch bedingt, dass die in S. 2 angesproche...