Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Einschreiten des Gerichts
Normenkette
ZPO § 620c; BGB §§ 1666, 1666a
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 26.11.2007) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter vom 17.12.2007 wird der Beschluss des AG - FamG - Bad Liebenwerda vom 26.11.2007 betreffend der einstweiligen Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für das betroffene Kind aufgehoben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gelten als Teil der Hauptsache.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500 EUR.
4. Der Antragstellerin wird auf ihren Antrag vom 17.12.2007 hin ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... in B. bewilligt.
Gründe
Die gem. § 620c ZPO statthafte und in zulässigerweise eingelegte sofortige Beschwerde hat Erfolg.
Das AG hat unzutreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge für das betroffene Kind R. Z. auf das Jugendamt des Landkreises E. übertragen. Soweit das AG seine Entscheidung dabei wohl auf die Voraussetzungen des §§ 1666 BGB stützen will, ist dies anlässlich der dargestellten Gründe in keiner Weise nachvollziehbar.
1. Gemäß § 1666 BGB ist eine körperliche, geistige oder seelische Kindeswohlgefährdung Voraussetzung für ein gerichtliches Einschreiten. Eine Gefahr für das Kindeswohl ist eine gegenwärtige, in solchem Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung des Kindes eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (BGH, FamRZ 1996, 1031; OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2007, 543; OLG Hamm FamRZ 2006, 359). Die eigentliche Schädigung des Kindesinteresses muss künftig drohen, schon eingetretene Schäden sind weder erforderlich noch ausreichend (vgl. Staudinger/Coester, BGB, 4. Buch, 13. Aufl., § 1666 Rz. 79). Insbesondere wird diese für einen Sorgerechtseingriff zwingend erforderliche gegenwärtige, begründete Besorgnis der Schädigung durch vereinzelt gebliebene Vorfälle in der Vergangenheit regelmäßig nicht hervorgerufen (OLG Naumburg, a.a.O.).
2. Diese Voraussetzungen hat das AG im Rahmen der angefochtenen Entscheidung bzw. der Nichtabhilfeentscheidung nicht einmal ansatzweise dargetan; sie sind auch nicht anhand der Aktenlage erkennbar bzw. begründbar.
a) Dabei ist zunächst erneut darauf hinzuweisen, dass eine Kindeswohlgefährdung positiv festgestellt werden muss, zumindest aber dass eine mit Sicherheit eintretende erhebliche Schädigung sich voraussehen lässt, wie dies zuvor dargestellt worden ist. Mit dieser Problematik hat sich das AG in keiner Weise befasst. Welche möglichen Schädigungen ein Aufenthalt des betroffenen Kindes im Haushalt der Kindesmutter zur Folge haben dürfte - dies ist der wesentliche Kern der amtsgerichtlichen Gründe, ist in keiner Weise näher dargetan noch anhand der Aktenlage erkennbar. Weshalb das AG Bedenken äußert, ob bei der Kindesmutter stabile Lebensbedingungen gewährleistet sind und ob sie die Gewehr dafür bietet, dass sie E. dauerhaft gut betreuen und versorgen kann, wird nicht ausgeführt. Im Übrigen kommt es auf diese Erwägungen nach den vorangestellten Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 1666 BGB auch überhaupt nicht an. Voraussetzung wäre es vielmehr konkret festzustellen, dass bei der Kindesmutter aller Voraussicht nach eine Schädigung eintreten würde, so sich E. denn in deren Haushalt befände.
b) Anzeichen für eine solche Gefahr eines Schadenseintritts bestehen jedenfalls derzeit nicht.
Soweit es in der Vergangenheit zu erheblichen Problematiken im Verhalten der Kindesmutter gekommen ist, die u.a. auch zu der Aufnahme von E. im Mai 2007 in eine Pflegestelle geführt haben, haben diese Probleme jedenfalls aktuelle keine Relevanz mehr. Die Alkoholprobleme hat die Kindesmutter nach derzeitigem Stand allem Anschein nach im Griff. Zumindest bestehen derzeit keinerlei Anhaltszeichen dafür, dass die Alkoholprobleme der Vergangenheit weiter fortbestehen bzw. dass ihr erneutes Auftreten sich mit Sicherheit voraussehen lässt. Dafür spricht im Übrigen auch der Umstand, dass das weitere Kind der Kindesmutter (Ri.) seit September 2007 sich wieder in ihrem Haushalt befindet und durch sie auch ausreichend versorgt wird. Anderenfalls hätte es einer entsprechenden Stellungnahme durch das Jugendamt, gegebenenfalls sogar in Verbindung mit einem Antrag nach § 1666 BGB betreffend des Kindes Ri., bedurft. Wenn aber das Jugendamt dieses Kind ohne weiteres in den Haushalt der Kindesmutter zurückführt und dort belässt, spricht dies bereits indiziell dafür, dass die Zustände im Haushalt der Kindesmutter jedenfalls nicht die Besorgnis einer Gefährdung gemäß 1666 BGB bei entsprechender Rückführung des hier betroffenen Kindes E. aufkommen lassen.
Darüber hinaus spricht für eine Stabilisierung in den persönlichen Verhältnissen der Antragstellerin auch, dass sie seit Juli 2007 mit ihrem neuen Partner in L. einen gemeinsamen Haushalt führt.
Soweit dagegen das AG innerhalb der Gründe der angefochtenen Entscheidung dar...