Leitsatz (amtlich)
1. Ein gesonderter Ansatz von Pkw-Finanzierungskosten neben der Kilometerpauschale ist regelmäßig nicht vorzunehmen, auch dann nicht, wenn gesundheitliche Beschränkungen die Inanspruchnahme des PKWs rechtfertigen.
2. Synergieeffekte sind grds. auch dann zu berücksichtigen, wenn das Zusammenleben mit dem Partner gesundheitlich bedingte Einschränkungen des anderen Partners ausgleichen soll.
Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Aktenzeichen 5 F 569/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 18. Juli 2019 - Az. 5 F 569/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller für das Kind LJ, geboren am ..., rückständigen Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 30. September 2018 in Höhe von 1.111,88 EUR zu zahlen.
Der weitergehende Zahlungsantrag des Antragstellers und die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners werden zurückgewiesen.
Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 2.322 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht gegen den Antragsgegner für die Monate Januar bis einschließlich September 2018 geltend.
Der Antragsgegner ist der Vater des am ... nichtehelich geborenen LJ, für den er zuletzt monatlich 15 EUR Kindesunterhalt gezahlt hat. Der Antragsteller hat für dieses Kind in den Monaten Januar bis einschließlich September 2018 Unterhaltsvorschussleistungen im Gesamtumfang von 2.322 EUR (= 9 Monate × 258 EUR [467 - 194 - 15 EUR]) erbracht. Der Antragsgegner war mit Schreiben vom 12. Januar 2018, zugestellt am 17. Januar 2018 zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte aufgefordert worden und hat sich in der Folgezeit hierzu erklärt.
Der Antragsgegner ist an Multipler Sklerose erkrankt und deshalb mit einem Grad von 50 % schwerbehindert. Er ist im Streitzeitraum als Angestellter mit einer 40-Stunden-Woche und einem monatsdurchschnittlichen Nettoverdienst von 1.570,93 EUR erwerbstätig gewesen. Umstritten ist, in welchem Umfang dieser Verdienst zu bereinigen ist.
Nach vorangegangenem (weitergehenden) Mahnverfahren hat der Antragsteller mit der Anspruchsbegründung vom 19. November 2018 unter Herreichung der Einkommensbelege des Antragsgegners auf Zahlung von 2.322 EUR für den Zeitraum Januar bis einschließlich September 2018 angetragen. Der Antragsgegner, dessen Selbstbehalt wegen Zusammenlebens mit einer weiteren Person zu kürzen sei, sei tatsächlich leistungsfähig. Er nehme keine auf der Hand liegenden Steuervorteile in Anspruch; der - finanzierte - Pkw sei überteuert.
Der Antragsgegner hat Zurückweisung des Zahlungsantrages insgesamt beantragt und Leistungsunfähigkeit eingewandt. Er hat geltend gemacht, krankheitsbedingt auf die Nutzung eines Pkw angewiesen zu sein; für den er mit näherer Darlegung Finanzierungs- und Versicherungskosten (insgesamt 274,97 EUR monatlich) sowie berufsbedingte Fahrtkosten von 324 EUR (= 27 km × 2 × 0,30 × 20 Arbeitstage) einkommensmindernd berücksichtigt wissen will. Außerdem habe er aus einer Umschuldung seit Juli 2017 monatliche Raten an die Santander-Bank zu leisten. Er hat ferner besondere Belastungen in Form von Kosten für eine Brille und monatliche Infusionen von 10 EUR eingewandt. Steuervorteile/-rückerstattungen seien nicht geflossen und ihm auch nicht zuzurechnen. Eine Reduzierung des Selbstbehalts sei nicht veranlasst. Hier sei zu berücksichtigen, dass seine Partnerin die krankheitsbedingt ansonsten notwendige Haushaltshilfe erspare.
Mit Beschluss vom 18. Juli 2019 hat das Amtsgericht den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von 2.322 EUR verpflichtet. Der Antragsgegner sei tatsächlich leistungsfähig. Neben berufsbedingten Fahrtkosten von 297 EUR monatlich sei eine fiktive Steuererstattung von 155,25 EUR anzurechnen. Weitergehend sei abzusetzen der gezahlte Unterhalt von 15 EUR. Selbst bei - ausdrücklich offen gelassener - Anerkennung der Kosten für die Kfz-Versicherung mit 74,97 EUR, der Ratenzahlung an die Santander-Bank mit 76,57 EUR und der Infusionskosten mit 10 EUR verbleibe ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1.252,64 EUR. Der notwendige Selbstbehalt sei wegen des Zusammenlebens mit einer Partnerin um 10 % zu reduzieren, sodass für Unterhaltszwecke einsetzbar seien 281 EUR. Krankheitsbedingte Einschränkungen in der Haushaltsführung seien notfalls über die Beantragung von Leistungen aus der Pflegeversicherung zu kompensieren. Der Kfz-Kredit könne nicht anerkannt werden; der Antragsgegner wäre mit Rücksicht auf die besondere Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem minderjährigen Kind gehalten gewesen, sich mit dem Betrag, der für die Anzahlung zur Verfügung gestanden habe, zu bescheiden.
Gegen diese ihm am 24. Juli 2019 zugestellte Entscheidu...