Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht Burg.
Gründe
I. Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem gegen die Schuldnerin ergangenen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 12.08.2015.
Die Schuldnerin befindet sich derzeit in Haft.
Die Gläubigerin stellte bei dem Amtsgericht Lübben am 20.05.2020 einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Teilhauptforderung von 10.000 EUR und beantragte die Pfändung und Überweisung einer Forderung der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin, hier die Justizvollzugsanstalt (x), auf Auszahlung des als Eigengeld gutgeschriebenen Geldes.
Auf den Hinweis des Amtsgerichts Lübben vom 03.06.2020 zur fehlenden örtlichen Zuständigkeit teilte die Gläubigerin mit, dass die Schuldnerin seit dem 12.05.2020 in der vorgenannten Justizvollzugsanstalt zur Verbüßung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten aufhältig sei. Andernfalls werde die Abgabe an das Amtsgericht Burg, in dessen Bezirk sich der Wohnsitz der Schuldnerin befinde, beantragt.
Mit Beschluss vom 27.08.2020 erklärte sich das Amtsgericht Lübben für örtlich unzuständig und gab das Verfahren an das Amtsgericht Burg ab.
Dieses erklärte sich mit Beschluss vom 04.09.2020 ebenfalls für örtlich unzuständig und verwies das Verfahren an das Amtsgericht Lübben zurück. Mit der Rücksendung der Akte verwies das Amtsgericht Burg auf die nach seiner Ansicht bestehende Zuständigkeit des Amtsgerichts Cottbus für die Justizvollzugsanstalt (x) in der sich die Schuldnerin nach dortiger Mitteilung im offenen Vollzug befinde.
Durch das Amtsgericht Lübben wurde die Sache am 24.09.2020 dem Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.
II. Auf die Vorlage durch das Amtsgericht Lübben ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts Burg für die vorliegende Zwangsvollstreckungssache auszusprechen.
1. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof ist, und das zuerst mit der Sache befasste Amtsgericht Lübben zum Bezirk des Brandenburgischen Oberlandesgerichts gehört.
2. Zwar hat das Amtsgericht Lübben die Sache zur Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 ZPO vorgelegt. Einschlägig ist insoweit allerdings § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Denn es besteht vorliegend keine Ungewissheit über die Grenzen der jeweiligen in Frage kommenden Gerichtsbezirke. Vielmehr handelt es sich um einen negativen Zuständigkeitsstreit, da sich beide Gerichte für unzuständig erklärt haben.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Lübben als auch das Amtsgericht Burg haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, und zwar ersteres durch den Beschluss vom 27.08.2020 und letzteres durch den Beschluss vom 04.09.2020. Beide Entscheidungen genügen den Anforderungen, die an das Merkmal "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekanntgemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler: Senat, NJW 2004, 780; Zöller/Schultzky, 32. Aufl. 2018, ZPO § 36, Rn. 34 f.).
3. Zuständig ist das Amtsgericht Burg.
Gem. §§ 828 Abs. 2, 802 ZPO ist ausschließlich das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, als Vollstreckungsgericht zuständig, und sonst das Amtsgericht, bei dem nach § 23 ZPO gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann.
Der besondere Gerichtsstand des Aufenthaltsortes nach § 20 ZPO kommt daneben für eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts nicht in Betracht, weil § 828 Abs. 2 ZPO nur auf den allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners und daher nur auf die §§ 12-19a ZPO sowie - bei fehlendem allgemeinen Gerichtsstand im Inland - nur auf den besonderen Gerichtsstand nach § 23 ZPO verweist. Andere besondere Gerichtsstände scheiden daher als Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts aus.
Der allgemeine Gerichtsstand der Schuldnerin gem. §§ 12, 13 ZPO befindet sich im Bezirk des Amtsgerichts Burg. Dort ist sie ausweislich der von der Gläubigerin vorgelegten Meldeauskunft der Stadt (y) vom 12.08.2020 weiterhin gemeldet.
Der Wohnsitz der Schuldnerin ist auch nach Antritt der Strafhaft unberührt geblieben.
Der bloße Strafantritt hat noch keine Aufgabe des Wohnsitzes zur Folge (vgl. BGH Beschluss vom 19.06.1996, Az. XII ARZ 5/96, NJW-RR 1996, 1217; Musielak/Voit/Heinrich, 17. Aufl. 2020, ZPO § 13 Rn. 4). Ob ein unfreiwilliger Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt überhaupt einen Wohnsitz zu begründen vermag, ist wegen des fehlenden Domizilwillens überdies fraglich (vgl. OLG München, Beschluss vom 1.7.2016, Az. 34 AR 77/16, NZI 2016, 698).
Ein dahingehender Wille der Schuldnerin ist aus der Akte jedenfalls nicht zu entnehmen, so dass es unzweifelhaft bei dem bisherigen Wohnsitz und der ausschließlichen Zuständigkeit des Am...