Verfahrensgang
AG Oranienburg (Entscheidung vom 08.11.2007; Aktenzeichen 34 F 245/06) |
Tenor
1.
Das angefochtene Urteil wird zu Ziff. II. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wird ausgesetzt.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Beschwerde der Beteiligten hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts kann keinen Bestand haben. Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Eheleuten unter Zugrundelegung unzutreffender Auskünfte zu Unrecht bereits jetzt durchgeführt.
I.
Die Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB ist die Zeit vom 1. Mai 1993 bis zum 30. September 2006. Die Parteien haben innerhalb der Ehezeit nach den - z.T. korrigierten - Auskünften der Beteiligten vom 14. August 2007 (Bl. 51) sowie vom 11. Dezember 2007 (Bl. 92) in der gesetzlichen Rentenversicherung folgende Anwartschaften erworben:
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Antragsteller monatlich 42,06 EUR nichtangleichungsdynamisch
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Antragsteller monatlich 208,19 EUR angleichungsdynamisch
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Antragsgegnerin monatlich 0,21 EUR nichtangleichungsdynamisch
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Antragsgegnerin monatlich 222,29 EUR angleichungsdynamisch
Bei dieser Sachlage kann gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 VAÜG der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden. Nach dieser Vorschrift ist der Versorgungsausgleich nur dann durchzuführen, wenn
1.
die Ehegatten in der Ehezeit keine angleichungsdynamischen Anwartschaften minderer Art erworben haben und
a)
nur angleichungsdynamische Anwartschaften zu berücksichtigen sind
oder
b)
der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anwartschaften auch die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften erworben hat.
2.
die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vorliegen, aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht aufgrund des Versorgungsausgleichs jedoch Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären.
Hier verfügen der Antragsteller über die höheren angleichungsdynamischen, die Antragsgegnerin dagegen über die höheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte. Ein Leistungsfall gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG ist nicht gegeben. Die Voraussetzungen einer Durchführung liegen nicht vor.
Daher ist der Beschluss abzuändern und das Verfahren über den Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG auszusetzen. Zu der in erster Instanz zu Unrecht unterbliebenen Aussetzungsentscheidung ist der Senat auch befugt (OLG Naumburg, OLGReport 2006, 66, 67; OLG Karlsruhe, NJWE-FER 1999, 262, 263 m.w.N.; OLG Nürnberg, NJW-RR 1995, 1031; OLG Frankfurt, OLGReport 1993, 304; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl. 2008, § 2 VAÜG Rdnr. 12; Götsche, FamRZ 2002, 1235, 1244; a. A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.12.2007 - 15 UF 240/07; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1996, 903; OLG München, OLGReport 1995, 45; FAKomm-FamR/Rehme, 6. Aufl. 2008, § 2 VAÜG Rdnr. 7; Rotax/Vogel, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl. 2007, Teil 10, Rdnr. 1175). Anderenfalls wäre der Senat gehalten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und an das Amtsgericht zur Aussetzung zurückzuverweisen, was einen überflüssigen Formalismus bedeuten würde und aus praktischen Erwägungen deshalb abzulehnen ist. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Anordnung der Aussetzung durch den Senat als Beschwerdegericht aus der Sicht der Beteiligten dem Verlust einer Instanz gleichkommen würde. Dies ist aber nicht der Fall. Die Aussetzung des Versorgungsausgleiches gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG stellt keine Endentscheidung, vielmehr eine bloße Zwischenentscheidung dar (BGH, FamRZ 2003, 1005; OLG Brandenburg, OLGReport 2006, 477, 478; OLG Thüringen, OLG-NL 2005, 40, 41; OLG Dresden, FamRZ 2005, 1572). Mit der Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Aussetzung des Verfahrens wird zugleich das erstinstanzliche Verfahren, welches anhängig bleibt (OLG Naumburg, Beschluss v. 8. Oktober 2007 - 3 UF 201/07, zitiert nach [...]), ausgesetzt (vgl. auch OLG Karlsruhe, NJWE-FER 1999, 262, 263). Sobald die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme gem. § 2 Abs. 2 oder 3 VAÜG vorliegen, kann das Verfahren vor dem Amtsgericht wieder aufgenommen werden.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13 a Abs. 1 FGG, 21 GKG, die Entscheidung zum Beschwerdewert aus § 49 GKG.
Fundstellen