Leitsatz (amtlich)
Auch wenn die Eltern sich in den meisten ihre Kinder betreffenden Angelegenheiten gut abstimmen und Lösungen für Konflikte finden können, kann die elterliche Sorge nur mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Eltern gemeinsam bei gleichzeitiger Zurückweisung des weiter gehenden Antrags des Vaters übertragen werden, wenn die Mutter mit den Kindern zu ihrem neuen Partner in ein anderes Bundesland ziehen möchte und sich der Vater dagegen wendet.
Normenkette
BGB § 1626a
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Aktenzeichen 3 F 285/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des AG Eisenhüttenstadt teilweise abgeändert.
Die elterliche Sorge mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder V. J. und L. J. wird auf die Eltern gemeinsam übertragen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Gerichtskosten zweiter Instanz haben die beteiligten Eltern je zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
V. wurde am... 2.2007 und L. am... 3.2011 außerhalb einer Ehe geboren. Im Dezember 2013 trennten sich die Eltern, der Vater zog im März 2014 aus der gemeinsamen Wohnung aus. Die Mutter übt die elterliche Sorge für beide Töchter allein aus. Der Vater hat zwei weitere Kinder aus einer anderen Beziehung, die älter als V. und L. sind und in B. leben. Der Vater ist für diese Kinder ebenfalls nicht sorgeberechtigt.
Die Eltern, die derzeit beide ohne Beschäftigung sind, leben nur wenige Häuser voneinander entfernt. V. und L. wohnen seit der Trennung der Eltern bei der Mutter. Im Zeitraum seit Juli 2014 hielt sich L. jedoch auch mehrere Tage während der Woche beim Vater auf und übernachtete dort regelmäßig. V. ging im selben Zeitraum nach der Schule zunächst zur Mutter, um dort zu Mittag zu essen und Hausaufgaben zu machen. Danach ging sie zum Vater, wo sie den Nachmittag verbrachte. Zum Abend kehrte sie nach Hause zurück. Seit Mitte April 2015 findet Umgang mit dem Vater nur noch an den Wochenenden statt. Die Mutter beabsichtigt, zum 31.7.2015 nach E. zu ziehen, wo ihr neuer Partner lebt.
Der Vater hat mit Anwaltsschreiben vom 13.11.2014 die Mutter um Zustimmung zur Übertragung der elterlichen Sorge für V. und L. auf die Eltern gemeinsam gebeten. Die Mutter hat darauf nicht reagiert.
Mit dem am 8.12.2014 eingereichten Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts für V. und der gesamten elterlichen Sorge für L. jeweils auf die Eltern gemeinsam hat der Vater das vorliegende Verfahren eingeleitet.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Er habe ein gutes Verhältnis zu beiden Kindern, die er bisher regelmäßig während der Woche gesehen habe. L. habe zeitweise bei ihm gelebt. V. sei fast jeden Nachmittag zu ihm gekommen. Die tägliche Abstimmung der Eltern über die Angelegenheiten der Kinder funktioniere gut, die Mutter beziehe ihn in sorgerechtsrelevante Fragen aber nicht ausreichend ein. Sein Antrag sei keine Reaktion auf die Umzugspläne der Mutter. Er habe sie bereits unmittelbar nach der Trennung auf eine Übertragung des Sorgerechts angesprochen und von dem beabsichtigten Umzug nach E. erst nach Absendung des Anwaltsschreibens vom 13.11.2014 erfahren. Allerdings halte er auch angesichts des geplanten Umzugs die Übertragung des Sorgerechts auf die Eltern gemeinsam für bedeutsam, weil er fürchte, dass die Mutter die Interessen der Kinder dabei nicht im Blick habe. Auch wenn es Meinungsverschiedenheiten mit der Mutter gebe, könnten sie gut über die Angelegenheiten der Kinder sprechen. Er werde nicht laut und habe die Mutter auch nicht beleidigt.
Die Mutter ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen: Es sei unzutreffend, dass L. beim Vater gewohnt habe. Sie habe dort zwar häufig übernachtet, habe aber kein eigenes Zimmer zur Verfügung. Auch stelle sie ihm häufiger Lebensmittel oder Toilettenartikel für die Kinder zur Verfügung. Die Kommunikation mit dem Vater verlaufe nur oberflächlich gut. In wichtigen Angelegenheiten beharre der Vater auf seinem Standpunkt und verhalte sich kompromisslos. Er werde auch vor den Kindern laut, wenn es Meinungsverschiedenheiten gebe. Da der Vater sich bisher nicht für die Übernahme des Sorgerechts interessiert habe, offenbare der hier gestellte Antrag seine Absicht, ihren Umzug nach E. zu verhindern.
Das AG hat durch Beschluss vom 27.1.2015 den Antrag des Vaters zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung wendet sich der Vater mit der Beschwerde, zu deren Begründung er vorträgt: Das AG habe ohne persönliche Anhörung der Beteiligten zu Unrecht angenommen, dass die Kommunikation der Eltern nachhaltig gestört sei. Er wolle bei einer so wesentlichen Angelegenheit wie der Entscheidung über den Umzug in ein anderes Bundesland beteiligt werden. Es gehe ihm dabei weder darum, den Umzug gezielt zu verhindern, noch wolle er an einer Geschwistertrennung...