Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 03.12.2009; Aktenzeichen 4.13 Ds 110/09) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Oder vom 3. Dezember 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Frankfurt/Oder zurückverwiesen.
Gründe
I. Das Amtsgericht Frankfurt/Oder hat den Angeklagten am 3. Dezember 2009 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu jeweils 30,- EUR verurteilt. Es hat ihm außerdem die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Zur Tat hat das Amtsgericht das Folgende festgestellt (UA S. 3, 4):
"Am 28.03.2009 befuhr der Angeklagte gegen 06.50 Uhr mit einem Personenkraftwagen der Marke Mazda, Kennzeichen ... in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand unter anderem die ...-Straße in ... Nachdem die Zeugen bei dem Angeklagten Alkoholgeruch wahrnahmen, führten sie vor Ort mit dem Angeklagten einen Atemalkoholtest durch, der einen Wert von 1,48 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X ergab. Den Zeugen M...und H... war die Vorschrift des § 81 a StPO bekannt. Ohne den Angeklagten explizit nach der Freiwilligkeit einer Blutentnahme zu befragen, wurde der Angeklagte nach Rücksprache mit dem Einsatzbearbeiter durch die Zeugen M... und H... zu einem Arzt verbracht, der die Blutentnahme beim Angeklagten durchführte. Es wurde vorher nicht versucht, einen Richter zu erreichen. Es befindet sich auch keine Dokumentation der Eilbedürftigkeit in der Akte. Die Ärztin stellte fest, dass der Angeklagte einen schwankenden Gang hatte, die plötzliche Kehrtwendung unsicher war und er beim Romberg-Test ein geringes Schwanken aufwies. Die Finger-Finger- und Nasen-Finger-Probe waren sicher, die Sprache deutlich und das Bewusstsein klar. Die ihm am 28.03.2009 um 07.25 Uhr entnommene Blutprobe hat eine Blutalkoholkonzentration von 1,78 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X ergeben. Diese Blutalkoholkonzentration bewirkt in jedem Falle Fahruntüchtigkeit. Die Fahruntüchtigkeit war ihm bewusst.
Am 27.03.2009 erhielt die Polizeiwache in Frankfurt (Oder) unter Bezugnahme auf einen Erlass des Ministeriums des Innern die Anweisung, dass der vor Ort befindliche Polizeibeamte auf Grund eigener Eilkompetenz wegen der Geschwindigkeit des Alkoholabbaus im Blut die Entnahme einer Blutprobe selbst anzuordnen hat. Die Beamten sollten entsprechend angewiesen werden."
Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 13. Januar 2010 rechtzeitig begründet. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
II. Die Revision ist zulässig und begründet.
1. Bereits die Sachrüge führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
a) Die von dem Amtsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen zum subjektiven Tatbestand des § 316 Abs. 1 StGB tragen die Annahme vorsätzlicher Tatbegehung nicht.
Der Schuldspruch muss auf einer tragfähigen Beweisgrundlage aufbauen, die die objektiv hohe Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des Beweisergebnisses ergibt (BVerfG NJW 2003, 2444, 2445). Die Beweiswürdigung ist dabei die ureigene Aufgabe des Tatrichters, die mit der Revision nur eingeschränkt überprüft werden kann. Sie muss jedoch vollständig und ohne Rechtsfehler sein (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 337, Rn. 26 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung insbesondere dann, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder wenn der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit stellt. Dabei müssen seine Schlussfolgerungen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGHSt 26, 63; 29, 18, 20).
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt (UA S. 7):
"Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Er befuhr mit einem PKW eine zum öffentlichen Straßenverkehr gehörende Straße, wobei zu seinen Gunsten davon auszugehen ist, dass das Trinkende unmittelbar vor Tatbeginn liegt und demnach keine Rückrechnung erfolgt (da zwischen Tat und Blutentnahme weniger als zwei Stunden liegen) und demnach von einer Blutalkoholkonzentration von 1,78 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X zum Tatzeitpunkt auszugehen ist. Dieser Wert übersteigt den allgemein anerkannten Wert der absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X) erheblich. Allein auf Grund dieses erheblichen Überschreitens des allgemein anerkannten Wertes der absoluten Fahruntüchtigkeit ist davon...