Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder), Zweigstelle Eisenhüttenstadt, vom 22.02.2023 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 4.676 EUR.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen einen im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ergangenen Beschluss, der ihn zur Zahlung des Mindestunterhalts für seine minderjährige Tochter an den Antragsteller, der für das Kind Unterhaltsvorschuss gewährt, verpflichtet.
Der Antragsteller hat im Dezember 2022 beantragt, laufenden und rückständigen Unterhalt ab Juni 2022 gegen den Antragsgegner festzusetzen (Bl. 1).
Durch die angefochtene Entscheidung vom 22.03.2023 (Bl. 8) hat das Amtsgericht den Unterhalt antragsgemäß festgesetzt.
Mit seiner Beschwerde vom 24.02.2023 (Bl. 18) wendet der Antragsgegner ein, das Kind lebe seit zwei Jahren in seinem Haushalt.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Das Beschwerdeverfahren im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ist - wie das erstinstanzliche Verfahren, § 253 Abs. 1 Satz 1 FamFG - allein als schriftliches Verfahren vorgesehen; § 117 FamFG gilt nicht (Senat, FamRZ 2015, 1512; Schmitz in Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019, § 10 Rn. 681. ; Macco in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 256 FamFG Rn.).
II. Die Beschwerde ist gemäß § 256 FamFG zulässig und begründet.
Es liegt eine nach § 256 Satz 1 FamFG zulässige Einwendung gegen die Unzulässigkeit des vereinfachten Verfahrens vor. Dieses ist nach §§ 249 Abs. 1 FamFG nur dann statthaft, wenn das unterhaltsberechtigte Kind mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt. Lebt ein Kind im Haushalt eines Elternteils, so erfüllt dieser seine Unterhaltspflicht in der Regel schon durch Pflege und Erziehung des Kindes und schuldet keinen Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Wenn der Antragsgegner seine Unterhaltspflicht teilweise durch Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt, kann ein etwaig daneben geschuldeter Barunterhalt nicht im vereinfachten Verfahren gemäß §§ 249 ff. FamFG festgesetzt werden (OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, FamRZ 2021, 615; OLG Nürnberg, FamRZ 2018, 697; BGH, FamRZ 2017, 816 für den Fall eines Obhutswechsels während des laufenden Verfahrens; Macco in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 249 FamFG Rn. 19; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl. 2018, § 249 FamFG Rn. 3).
Da eine Beschwerde gegen die Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren auf neue Tatsachen gestützt werden kann (§ 65 Abs. 3 FamFG), kann der Antragsgegner die mangelnde Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens im Beschwerdeverfahren erstmals rügen, obwohl er sie bereits im erstinstanzlichen Anhörungsverfahren nach § 252 Abs. 1 FamFG hätte erheben können (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2021, 531; OLG Nürnberg, a. a. O.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2013,1501; Macco, a. a. O. § 256 FamFG Rn. 6; Giers in Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2020 § 256 FamFG Rn. 11).
So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner trägt Umstände vor, die eine überwiegende Betreuung des Kindes durch ihn selbst nahelegen. Er trägt vor, dass das Kind seit zwei Jahren in seinem Haushalt lebe, von ihm alles, was das Kind benötige, angeschafft werde und die tägliche Versorgung des Kindes geleistet und finanziert werde und legt hierzu entsprechende tabellarische Übersichten mit den jeweiligen Betreuungsanteilen vor. Sein Vortrag deckt sich mit den Angaben der Mutter gegenüber dem Antragsteller im Antragsvordruck vom 30.06.2022 (Bl. 13). Darin erklärt die Mutter, das Kind sei täglich beim Vater. Dem Vortrag des Antragsgegners ist der Antragsteller nicht weiter entgegengetreten. Er verweist lediglich auf eine tabellarische Übersicht für Juni 2022, die die Mutter eingereicht habe, der sich aber eine überwiegende Betreuung durch die Mutter in diesem Monat bereits nicht entnehmen lässt. Für die Folgemonate liegt kein Beleg vor, wonach das Kind überwiegend im Haushalt der Mutter lebt. Im Januar und Februar 2023 soll das Kind nach Angaben des Antragsgegners sogar überhaupt nur fünf Tage bei der Mutter gewesen sein.
Darauf, ob vorliegend ein Unterhaltsanspruch gemäß § 7 UVG auf den Antragsteller übergegangen ist, wenn Unterhaltsvorschuss zu Unrecht gezahlt worden ist, und ob die Unterhaltsvorschusskasse in diesem Fall gleichwohl gegen den Antragsgegner vorgehen kann oder aber sich an den rückzahlungspflichtigen Elternteil halten muss (vgl. hierzu Götsche, jurisPR-FamR 2/2019 Anm. 5 m.w.N.), kommt es nicht an. Diese Frage ist nicht im vereinfachten Unterhaltsverfahren, sondern nach Überleitung im streitigen Verfahren zu klären.
Das Beschwerdegericht hebt bei einer begründeten Beschwerde in der gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu treffenden eigenen Sachentscheidung den Festsetzungsbeschluss ersatzlos auf. Dies gilt sowohl in dem Fall, dass die in erster Instanz erhobenen Einwendungen bei Erlass des Festsetzungsbeschlusses zu Unrecht unberücksichtigt geblie...