Verfahrensgang
AG Prenzlau (Beschluss vom 17.07.2000; Aktenzeichen 7 F 361/99) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Zulässigkeit der Weigerungsgründe des Beklagten an das Amtsgericht Prenzlau zurückverwiesen.
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Amtsgericht zu entscheiden.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500,00 DM festgelegt.
Tatbestand
I.
Das klagende Kind begehrt die Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft zu dem Beklagten sowie die Zahlung von Regelunterhalt bzw. des Regelbetrages.
Da der ordnungsgemäß geladene Beklagte zur mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2000 nicht erschienen war, ordnete das Amtsgericht mit Beweisbeschluß vom selben Tage die Einholung eines Blutgruppengutachtens zur Frage der Vaterschaft ein, in welches auch der Beklagte einbezogen wurde. Nachdem der Beklagte zu zwei zur Blutentnahme angesetzten Terminen erneut nicht erschien, drohte das Amtsgericht ihm mit Beschluß vom 16. März 2000 ein Zwangsgeld bis zu 2.000,00 DM durch den Gerichtsvollzieher bei erneuter Nichtbefolgung der Ladungen des Gesundheitsamtes an.
Gegen diesen Beschluß legte der Beklagte mit Schreiben vom 31. März 2000 Widerspruch ein, über den das Amtsgericht bislang nicht befunden hat. Zugleich erhob er mit weiterem Schreiben vom selben Tage Einwendungen gegen die Durchführung des Bluttestes.
Da der Beklagte auch zu einem weiter angesetzten Termin zur Blutentnahme nicht erschien, ordnete das Amtsgericht mit weiterem Beschluß vom 17. Juli 2000 die Vorführung des Beklagten zum Zwecke der Blutentnahme durch den zuständigen Gerichtsvollzieher an. Gegen diesen Beschluß richtet sich der „Widerspruch” des Beklagten vom 9. August 2000, in dessen Begründung er seine Einwendungen gegen das Verfahren aufrechterhält bzw. ergänzt.
Mit Beschluß vom 29. August 2000 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die gem. §§ 15 Abs. 1 S. 1 FGG, 372 a Abs. 2 S. 1, 390 Abs. 3 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung vom 17. Juli 2000 und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits in das Zwischenverfahren über die Zulässigkeit der Verweigerung führt. Das Amtsgericht hat in mehrfacher Hinsicht verfahrensfehlerhaft die zwangsweise Vorführung des Beklagten zur Blutentnahme angeordnet.
In Abstammungsverfahren hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung, zu dulden, soweit die Untersuchung nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft eine Aufklärung des Sachverhalts verspricht und dem zu Untersuchenden nach der Art der Untersuchung und nach den Folgen ihres Ergebnisses für ihn oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1–3 ZPO bezeichneten Angehörigen und ohne Nachteil für seine Gesundheit zugemutet werden kann, § 372 a Abs. 1 ZPO. Zwar liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor, da das Amtsgericht mit Beweisbeschluß vom 19. Januar 2000 die Einbeziehung des Beklagten in ein einzuholendes Blutgrappengutachten für die Feststellung der Abstammung des Beklagten zum Kläger angeordnet hat. Zu der Anordnung von Zwangsmaßnahmen, die das Amtsgericht mit der angefochtenen Entscheidung vom 17. Juli 2000 getroffen hat, war es allerdings noch nicht befugt. Die Anordnung von Zwangsmaßnahmen kann nur unter den Voraussetzungen des § 372 a Abs. 2 ZPO, die hier nicht vorliegen, erfolgen. Nach dieser Vorschrift kann bei wiederholter unberechtigter Verweigerung der Untersuchung auch unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die zwangsweise Vorführung zum Zwecke der Untersuchung angeordnet werden, wobei die Vorschriften der §§ 386–390 ZPO entsprechend anwendbar sind.
Es fehlt bereits an einer ordnungsgemäßen Ladung des Beklagten zur Blutentnahme, da nur unter diesen Voraussetzungen eine unberechtigte Verweigerung in Betracht kommt, Die Ladung zur Blutentnahme muß den Anforderungen des § 377 Abs. 2 Ziff. 1–3 ZPO entsprechen. Dies folgt aus dem Umstand, daß die Untersuchung nach § 372 a ZPO eine gerichtliche Beweisaufnahme in Form der Augenscheinsnahme ist, wie insbesondere die systematische Stellung dieser Vorschrift innerhalb der §§ 371 ff ZPO zeigt. Die Anordnung der Untersuchung hat daher durch das Prozeßgericht zu erfolgen (BGH NJW 1990, 2936, 2937; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl. 2000, § 372 a Rn. 18; MünchKomm-Dammrau, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 372 a Rn. 21; im Ergebnis auch Stein/Jonas-Berger, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 372 a Rn. 5; Zöller-Greger, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 372 a Rn. 15); insbesondere ist eine „Ladung” durch den Sachverständigen nicht ausreichend (ausdrücklich MünchKomm-Dammrau, a.a.O.). Es kann nicht festgestellt werden, daß der Beklage durch das Gericht zu den gesetzten Untersuchungsterminen geladen worden ist. Nach Aktenlage ist vielmehr davon auszugehen, daß diese Ladungen stets durch ...