Leitsatz (amtlich)
Wurde ein verschollener Kriegsteilnehmer nach damaligem DDR-Recht zum 1.8.1949 für tot erklärt, so ist eine Änderung des festgestellten Todeszeitpunktes seit dem Beitritt nur nach Maßgabe des § 33a VerschG möglich.
Nach Ablauf von fünf Jahren ab Rechtskraft der Todeserklärung ist ein solcher Antrag aber gem. § 33a Abs. 2 Satz 3 VerschG unstatthaft. Das gilt auch für eine in der DDR im Jahre 1955 rechtskräftig gewordene Todeserklärung.
Verfahrensgang
AG Potsdam (Beschluss vom 20.08.2012; Aktenzeichen 56 II 1/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Potsdam vom 20.8.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der verschollene Kriegsteilnehmer H. Re. wurde mit Beschluss des Kreisgerichts Potsdam Stadtbezirk Babelsberg vom 10.12.1954 für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes wurde hierbei der 1.8.1949 festgestellt. Die Rechtskraft des Beschlusses wurde für den 13.3.1955 bescheinigt.
Mit ihrem im Januar 2012 gestellten Antrag erstrebt die Antragstellerin die Änderung des festgestellten Todeszeitpunktes auf den 31.8.1944. Sie verspricht sich hiervon eine für sie günstigere Erbfolge.
Der Verschollene wurde letztmalig mit einer Meldung vom 14.8.1944 als Unteroffizier der 1. Kompanie des Feldersatz-Bataillons 162 im Raum Husi in Rumänien erfasst. Eine Vermissten- oder Todesmeldung liegt der Deutschen Dienststelle (WASt) nicht vor. Der Suchdienst des DRK hat keine über sein im Jahre 1971 verfasstes Gutachten hinausgehenden Erkenntnisse. Danach ist der Verschollene mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen dem 22.8. und den ersten Septembertagen 1944 bei den Kämpfen in Rumänien gefallen. Hinweise auf eine Kriegsgefangenschaft liegen nicht vor.
Das AG hat den Antrag mit Beschluss vom 20.8.2012 als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag auf Änderung des festgestellten Todeszeitpunktes sei gem. § 33a Abs. 2 Satz 3 VerschG unstatthaft, da er nicht binnen fünf Jahren seit Rechtskraft der Entscheidung des Kreisgerichts Potsdam-Babelsberg gestellt wurde.
Gegen diesen ihr am 21.8.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 20.9.2012 Beschwerde eingelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 33a Abs. 3 und § 26 VerschG zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos, weil das AG richtig entschieden hat.
1. Die Todeserklärung und die Bestimmung des Todeszeitpunktes durch das Kreisgericht Potsdam Stadtbezirk Babelsberg im Jahre 1954 erfolgten aufgrund der in der ehemaligen DDR geltenden Regelungen über die Todeserklärung von Kriegsteilnehmern (Verordnung vom 22.2.1949, ZVOBl. Seite 124; Durchführungsverordnung vom 23.7.1949, ZVOBl. Seite 550). Danach konnten die Kriegsverschollenen vom 1.8.1949 ab für tot erklärt werden und galten mit Ablauf des 31.7.1949 als verstorben.
Nach § 2 Abs. 1 der zitierten Durchführungsverordnung konnte auf Antrag als Zeitpunkt des Todes auch derjenige Zeitpunkt festgestellt werden, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist. Hierauf kann der vorliegende Antrag aber schon deshalb nicht gestützt werden, weil diese Vorschriften bereits mit In-Kraft-Treten des ZGB am 1.1.1976 aufgehoben wurden (§ 15 Abs. 2 Ziffern I. 26, II. 29 und II. 34 EGZGB). Vor dem Beitritt war diese Rechtsmaterie ausschließlich in den §§ 461 - 464 ZGB geregelt; Entscheidungen ergingen im Todeserklärungsverfahren gem. §§ 136 f. DDR-ZPO.
2. An die Stelle der zitierten Regelungen des ZGB und der ZPO der DDR traten mit dem Beitritt die Vorschriften der Bundesrepublik, nämlich das Verschollenheitsgesetz und das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts, beide vom 15.1.1951 (BGBl. I Seite 59 und Seite 63), in der im BGBl. III veröffentlichten Fassung (Art. 8 des Einigungsvertrages i.V.m. Anlage I, Kapitel III, Sachgebiet B, Abschnitt III Nr. 9). Nach der dortigen Maßgabe lit. a) sind diese Vorschriften nur auf Verfahren, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts in der DDR bereits eingeleitet waren, nicht anzuwenden; solche "Altverfahren" waren vielmehr auf der Grundlage des bislang geltenden DDR-Rechts abzuschließen.
Die zitierte Maßgabe greift hier nicht ein. Das Verfahren zur Todeserklärung des verschollenen H. Re. war mit der rechtskräftigen Entscheidung des Kreisgerichts Potsdam-Babelsberg abgeschlossen. Der Antrag auf Änderung des Todeszeitpunktes ist erst nach dem Beitritt gestellt worden. Er hat ein neues Verfahren eingeleitet; so hat es bereits der damalige 8. Zivilsenat des erkennenden Gerichts in einem vergleichbaren Fall entschieden (Beschl. v. 31.8.1998 - 8 Wx 180/98).
3. Daher ist das gemäß Einigungsvertrag übernommene Bundesrecht anzuwenden. Dabei sind die Sondervorschriften in Art. 2 VerschÄndG nicht einschlägig. Der dortige § 3 eröffnet zwar die Möglichkeit, den festgestellten Todeszeitpunkt nachträglich zu ändern. Dies aber - nach dem völlig eindeutigen Wortlaut - nur dann, wenn als Zeitpunkt des Todes des Verschollenen das Ende des Jahres 1945 rechtskräftig festgestellt worden war. Letzt...