Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe - inhaltliche Anforderungen an die Begründung einer Nichtabhilfeentscheidung; zum Mehrbedarfsbetrag für Alleinerziehende
Leitsatz (amtlich)
1. Die Begründung eines Vorlage- und Nichtabhilfebeschlusses nach § 572 Abs. 1 ZPO muss nachvollziehbar erkennen lassen, dass sich das Ausgangsgericht mit dem Beschwerdevorbringen in der Sache auseinandergesetzt hat. Bleibt beachtliches Beschwerdevorbringen ohne oder nur mit formelhafter Begründung unberücksichtigt, so ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, liegt ein schwerwiegender Verfahrensmangel vor und wird der Zweck des Abhilfeverfahrens, Beschwerden auf einem möglichst einfachen Weg zu erledigen, verfehlt, was zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und Zurückverweisung der Sache führen kann (vgl. OLG Köln FamRZ 2010, 146; Senat FamRZ 2018, 1936).
2. Der Abzug eines Mehrbedarfsbetrags für Alleinerziehende (§ 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) kommt nicht in Betracht, wenn der Verfahrenskostenhilfeantragsteller mit seinen Kindern und einer weiteren erwachsenen Person als Familie zusammenlebt und wirtschaftet (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2015, 946).
Verfahrensgang
AG Lübben (Spreewald) (Aktenzeichen 30 F 338/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Nichabhilfebeschluss des Amtsgerichts Lübben vom 22.02.2019 (erlassen am 25.02.2019) aufgehoben und die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
1. Die Antragsgegnerin wendet sich nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Umgangsverfahren gegen die Anordnung einer Ratenzahlung, die das Amtsgericht mit 136 EUR monatlich festgesetzt hat.
Bei seiner Berechnung (vgl. 99) hat es Mietzahlungen von 250 EUR wegen fehlenden Nachweises und Kreditzahlungen von 377 EUR wegen fehlender Anrechnungsfähigkeit unberücksichtigt gelassen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde trägt die Antragsgegnerin vor, die Mietzahlungen bar und unquittiert an ihre Mutter zu leisten und erläutert die Hintergründe des Darlehns, das ihr Lebensgefährte für sie bediene.
Das Amtsgericht hat mit Vorlagebeschluss vom 22.02.2019 der sofortigen Beschwerde aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht abgeholfen und auf die weiterhin zutreffende Begründung Bezug genommen.
2. Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat vorläufig Erfolg und führt zu Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses.
Die Begründung eines Vorlage- und Nichtabhilfebeschlusses im Beschwerdeverfahren muss nachvollziehbar erkennen lassen, dass sich das Ausgangsgericht mit dem Beschwerdevorbringen in der Sache auseinandergesetzt hat. Bleibt beachtliches Beschwerdevorbringen ohne oder nur mit formelhafter Begründung unberücksichtigt, so ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, liegt ein schwerwiegender Verfahrensmangel vor und wird der Zweck des Abhilfeverfahrens, Beschwerden auf einem möglichst einfachen Weg zu erledigen, verfehlt, was zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und Zurückverweisung der Sache führen kann (vgl. OLG Köln FamRZ 2010, 146; Senat FamRZ 2018, 1936).
Hier war jedenfalls das Vorbringen zu einer unquittierten Barzahlung der Miete erörterungsbedürftig, weil Barzahlungen ohne Quittung die Begründung der Ablehnung im Ausgangsbeschluss wegen eines fehlenden Nachweises in Frage stellen kann.
Die Sache ist schon deshalb noch nicht entscheidungsreif, weil die Berücksichtigung der Mietzahlungen die Ratenhöhe senken kann.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Die Erklärung der Antragsgegnerin zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.06.2018 ist als Grundlage einer Ratenberechnung gänzlich ungeeignet. Anders als die Ausgangserklärung vom 04.11.2014 (4 ff) enthält sie zu den Abschnitten E, F, G und I keine Angaben (vgl. 50 ff.). Die Angaben zu den Wohnkosten sind unplausibel und auch in ergänzter Form so nicht zu vereinbaren mit der Angabe zu ihrem Grundstückseigentum in der Ausgangserklärung (vgl. 6) und mit der unerörteten Angabe "Erbengemeinschaft" in ihrer jüngsten Erklärung (vgl. 52). Zudem springt die Abdeckung der Anschrift ihres Lebensgefährten auf dessen Kontoauszügen in's Auge (94). Nach den Angaben zum Verwendungszweck in dessen Überweisungsbeleg vom 04.12.2017 hat er dieselbe Anschrift wie die Antragsgegnerin (vgl. 136). In diesem Fall drängt sich eine Beteiligung an den behaupteten Mietkosten unabweisbar auf. Zugleich kommt der vom Amtsgericht angesetzte Abzug eines Mehrbedarfsbetrags für Alleinerziehende (§ 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) in dessen Berechnung, die im Übrigen inzwischen veraltete Freibeträge beinhaltet, nicht in Betracht, wenn die Antragsgegnerin mit ihren Kindern und einer weiteren erwachsenen Person als Familie zusammenlebt und wirtschaftet (vgl. OLG Brandenburg, NZFam 2015, 276).
Die Kreditraten hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend unberücksichtigt gelassen, weil nicht die Antragsgegnerin sie zahlt,...