Leitsatz (amtlich)
Zur Anordnung eines Wechselmodells trotz gegenläufiger Anträge der Kindeseltern zum Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Aktenzeichen 33 F 95/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oranienburg vom 04.04.2017 (Az. 33 F 95/15) dahingehend abgeändert, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind EE den Eltern wieder gemeinsam zusteht.
Es wird festgestellt, dass die Eltern das Kind außerhalb der Schulferien im wöchentlichen Wechsel in der Zeit von Montag nach Schulschluss bis zum Schulbeginn am Montag der Folgewoche betreuen. Die Regelung beginnt mit der Mutter am Montag, dem 25.06.2018, nach Schulschluss; der Vater übernimmt das Kind am Montag, dem 02.07.2018 nach Schulschluss, usw.
Die weitergehende Beschwerde der Mutter wird zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Eltern jeweils zur Hälfte; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die geschiedenen Eltern ihres am 01.10.2010 geborenen Sohnes EE. Aus der Ehe ist noch ein weiteres Kind hervorgegangen, die 1998 geborene EL.
Die Trennung der Kindeseltern erfolgte spätestens im Dezember 2014. Im Juli 2015 zog die Mutter aus dem gemeinsamen Haus in S aus; sie hatte eigenen Wohnraum in B gefunden.
In der Folgezeit stritten die Eltern über die Versorgung und Betreuung von EE. Der Vater sprach sich für ein Wechselmodell aus. Die Mutter lehnte dies ab und bot dem Vater erweiterten Umgang an.
Die 1977 geborene Mutter stammt aus Südamerika. Sie lebt seit Januar 1999 in Deutschland und ist als Chemieingenieurin in Teilzeit tätig. Im Januar dieses Jahres hat sie wieder geheiratet.
Der 1970 geborene Vater arbeitet als Wirtschaftsingenieur. Er hat einige Jahre in Südamerika gelebt, wo er die Mutter kennengelernt und auch mehrere Semester studiert hat.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2015 hat die Mutter das vorliegende Sorgerechtsverfahren eingeleitet und zuletzt auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich angetragen. Zur Begründung hat sie auf den Kindeswillen abgestellt und einen größeren Betreuungsanteil behauptet. Zudem sei sie konsequenter in der Erziehung des Jungen.
Der Vater ist dem Sorgerechtsbegehren entgegengetreten. Er hat einen gegenläufigen Antrag gestellt und sich auf den Aspekt der räumlichen und sozialen Kontinuität berufen. Auch hänge Emil sehr an seiner Schwester Emma, die ihm im Elternstreit Halt gebe.
Im September 2015 haben sich die Eltern sodann - mit Hilfe der Erziehungsberatungsstelle in Oranienburg - vorläufig auf ein paritätisches Wechselmodell verständigt, das bis heute praktiziert wird.
In der Folgezeit beauftragte das Amtsgericht die Sachverständige... mit der Erstattung eines psychologischen Gutachtens zu der Frage, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind EE zu übertragen ist. Unter dem 08.06.2016 wurde Dipl.-Psych. TG (wegen Erkrankung der Sachverständigen ...) zur Zweitgutachterin bestellt. Unter dem 29.09.2016 legten die Sachverständigen ihr Gutachten vor. Danach sollte aus Gründen des Kindeswohls Emils Lebensmittelpunkt im Haushalt des Vaters sein oder das Wechselmodell beibehalten werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Im Frühjahr 2016 war das gemeinsame Haus der Kindeseltern in S veräußert worden; der Vater bewohnt seither im Ort eine größere Mietwohnung. Im März/April 2016 wechselte EL nach einem Streit mit dem Vater in den Haushalt der Mutter.
Nach Anhörung des Kindes, seiner Eltern und der Sachverständigen TG hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 04.04.2017 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Emil dem Vater übertragen. Zur Begründung hat es auf den Kontinuitätsgrundsatz und auf die stärkere Bindungstoleranz des Vaters abgestellt. Ein eindeutiger Kindeswille sei nicht erkennbar. Ein Wechselmodell komme wegen mangelnder Einigungsbereitschaft der Eltern sowie der größeren Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Mutter und der Grundschule in S nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.
Gegen den am 21.04.2017 zugestellten Beschluss hat die Mutter mit einem am 22.05.2017 (Montag) beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Sie rügt Fehler in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, die sie näher darlegt.
Der Vater verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.
Emma ist im August 2017 wieder in den väterlichen Haushalt zurückgekehrt. Emil besucht seit Herbst 2017 die Europa-Schule in S.
Mit Beschluss vom 10.10.2017 hat der Senat die Sachverständige TG um Aktualisierung des Gutachtens vom 29.09.2016 ersucht. Sie hat unter dem 16.02.2018 über den Sachstand schriftlich berichtet.
Der Senat hat die Eltern am 17.05.2...