Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls hinsichtlich des laufenden Unterhalts reicht es, um eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung bewirken zu können, nicht aus, wenn der Unterhaltsschuldner geltend macht, ein etwaiger Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts gegen den Unterhaltsgläubiger sei voraussichtlich nicht realisierbar.
Normenkette
FamFG § 120
Verfahrensgang
AG Strausberg (Beschluss vom 01.07.2015; Aktenzeichen 2.1 F 178/13) |
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners, die Vollstreckung aus dem Beschluss des AG Strausberg vom 1.7.2015 (2.1 F 178/13) vorläufig einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag des Antragsgegners im Schriftsatz vom 29.10.2015, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des AG vom 1.7.2015 betreffend die Antragstellerin zu 1. einstweilen einzustellen, soweit höherer Unterhalt als monatlich 200 EUR für die Zeit ab Januar 2016 tituliert ist, §§ 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG i.V.m. §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO, ist unbegründet. Denn der Antragsgegner hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat das Gericht, wenn der Verpflichtete glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, auf seinen Antrag die Vollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft in der Endentscheidung einzustellen oder zu beschränken. In den Fällen des § 707 Abs. 1 ZPO und des § 719 Abs. 1 ZPO kann die Vollstreckung nur unter denselben Voraussetzungen eingestellt oder beschränkt werden, § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG. Mithin bedarf es auch hier der Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils. An einer solchen fehlt es hier in Bezug auf die allein vom Vollstreckungsschutzantrag erfasste Zeit ab Januar 2016.
Dass ein Anspruch auf Rückzahlung von überzahltem Unterhalt bei nach § 116 Abs. 3 FamFG vorrangiger Bedeutung des Unterhalts für die Sicherung des Lebensbedarfs nicht realisierbar sein kann, ist eine normale Folge der Zwangsvollstreckung. Denn es ist typisch für das Unterhaltsverhältnis, dass die zur Sicherung des Lebensbedarfs benötigten Mittel vom Unterhaltsbedürftigen verbraucht werden und in der Regel nicht zurückgezahlt werden können. Mithin reicht es, um eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung bewirken zu können, nicht aus, wenn der Unterhaltsschuldner geltend macht, ein etwaiger Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts gegen den Unterhaltsgläubiger sei voraussichtlich nicht realisierbar (OLG Hamm, FamRZ 2012, 730). Dies gilt jedenfalls hinsichtlich des laufenden Unterhalts.
Ob hinsichtlich des rückständigen Unterhalts eine differenzierte Handhabung angezeigt ist (vgl. OLG Brandenburg, 4. Familiensenat, FamRZ 2014, 866), kann hier dahinstehen. Vorliegend geht es im Hinblick auf die vom Vollstreckungsschutzantrag des Antragsgegners allein erfasste Zeit ab Januar 2016 nur um laufenden Unterhalt. Um eine Einstellung der Vollstreckung insoweit erreichen zu können, bedarf es daher substanziierten Vortrags eines nicht zu ersetzenden Nachteils. Diesem Erfordernis ist der Antragsgegner nicht gerecht geworden.
Im Schriftsatz vom 29.10.2015 hat er lediglich auf die anteilige Barunterhaltspflicht der Mutter der Antragstellerin zu 1. mit Erreichen der Volljährigkeit ab Januar 2016 hingewiesen, sich zu der Frage des nicht zu ersetzenden Nachteils also gar nicht geäußert.
Nur vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich nach den Angaben der Antragstellerin zu 1. zu den Einkommensverhältnissen ihrer Mutter im Schriftsatz vom 19.11.2015 eine den Betrag von 200 EUR monatlich übersteigende Barunterhaltspflicht des Antragsgegners ergeben dürfte. Dabei ist nämlich zu bedenken, dass mit der anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile auch für den Bedarf des volljährigen Kindes das zusammengerechnete Einkommen der Eltern maßgebend ist (Nr. 13.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG, Stand 1.8.2015), was hier zu einer deutlichen Erhöhung des Unterhaltsbedarfs der Antragstellerin zu 1. führen dürfte.
Fundstellen
Haufe-Index 9334583 |
FamRZ 2016, 1961 |
MDR 2016, 715 |
NZFam 2016, 715 |