Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe einer Verteidigungsanzeige im schriftlichen Vorverfahren und sofortiges Anerkenntnis
Leitsatz (amtlich)
Die Abgabe einer Verteidigungsanzeige im schriftlichen Vorverfahren steht der Sofortigkeit eines Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO nicht entgegen. Die früher herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die sich im wesentlichen auf die weggefallene Vorschrift des § 307 Abs. 2 a.F. ZPO stützte, ist obsolet.
Normenkette
ZPO § 93
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen 6 O 431/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Anerkenntnisurteil der 6. Zivilkammer des LG Potsdam vom 1.12.2004 (6 O 431/04) im Kostenpunkt abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes geltend.
Der Ehemann der Klägerin ist Makler. Er vermittelte den Beklagten die Gelegenheit zum Erwerb eines Erbbaurechtes und zum Kauf des Grundstücks, auf dem das Erbbaurecht eingetragen war. Die Beklagten schlossen den Vertrag hinsichtlich des Erbbaurechts am 28.11.2003 ab; der Kaufpreis betrug 53.000 EUR. Der Grundstückskaufvertrag wurde am 2.9.2004 abgeschlossen; der Kaufpreis betrug 104.000 EUR.
Mit Schreiben vom 23.3.2004 rechnete der Ehemann der Klägerin seine Provision von 5 % zzgl. MwSt i.H.v. 9.106 EUR ab. Die Beklagten korrigierten die Rechnung ausgehend von einer "Berechnungsgrundlage gem. Vertrag § 16 53.000 EUR abzgl. Kaufpreis Garage (Eigentum Wolf) 2.500 EUR 50.500 EUR" auf einschließlich MwSt 2.929 EUR. Die Zahlung dieses Betrages machten sie in ihrem Erwiderungsschreiben vom 28.3.2004, dem die korrigierte Rechnung beigefügt war, von mehreren Bedingungen abhängig, zahlten jedoch auf anwaltliche Mahnung den von ihnen angekündigten Betrag am 14.4.2004. Mit Schreiben vom 19.8.2003 mahnte der Ehemann der Klägerin den Restbetrag der Rechnung an; die Beklagten zahlten nicht.
Mit den Beklagten Ende September 2004 zugestellter Klage vom 18.8.2004 verlangte die Klägerin, die sich die Ansprüche ihres Ehemannes aus dem Maklervertrag mit den Beklagten hat abtreten lassen, den ihrer Auffassung nach offenen Restbetrag von 6.177 EUR nebst Verzugszinsen von den Beklagten als Gesamtschuldnern. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestellten sich mit Schriftsatz vom 7. 10 2004 und kündigten an, die Beklagten würden sich gegen die Klage verteidigen. Mit Schriftsatz vom 27.10.2004 erkannten sie unter Hinweis darauf, dass die noch offene Maklerforderung erst mit Abschluss des Grundstückskaufvertrages am 2.9.2004 entstanden sei, für die Beklagten die Klageforderung ohne Verzugszinsen unter Verwahrung gegen die Kostenlast an. Nachdem die Klägerin den Zinsantrag zurückgenommen hatte, erging Anerkenntnisurteil, in dem den Beklagten als Gesamtschuldnern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden, weil nach Auffassung des LG die Beklagten nach Abgabe der Verteidigungsanzeige die Klageforderung nicht mehr "sofort" i.S.d. § 93 ZPO anerkennen konnten.
Gegen den Kostenausspruch des Anerkenntnisurteils wenden die Beklagten sich mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie meinen, sie hätte entgegen der Auffassung des LG die Klageforderung sofort anerkannt. Die Verteidigungsanzeige stehe dem nicht entgegen.
Die Beklagten beantragen, wie beschlossen zu entscheiden.
Die Klägerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Begründung der Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
I. Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits waren gem. §§ 93, 92 Abs. 2 ZPO der Klägerin aufzuerlegen. Denn die Beklagten haben nur in geringfügigem, nach § 92 Abs. 2 ZPO vernachlässigungswürdigen Umfang Anlass zur Klage gegeben (1). Sie haben weiter die Klageforderung, soweit sie nicht Anlass zur Klageerhebung gegeben haben, i.S.d. § 93 ZPO "sofort" anerkannt (2).
(1) Am Anlass zur Klageerhebung fehlt es, soweit die Klägerin ihre Klageforderung aus dem Nachweis des am 2.9.2004 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrages ableitet.
Was unter dem Begriff "Anlass zur Klageerhebung" zu verstehen ist, ergibt sich aus dem der Kostenverteilungsregelung der ZPO zugrundeliegenden Rechtsgedanken. Dieser besagt, dass derjenige die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, der sie verursacht hat. Das ist in der Regel der Unterliegende, in dem durch § 93 ZPO geregelten Sonderfall aber der Obsiegende, der ohne Notwendigkeit Klage erhoben hat. Anlass gibt deshalb derjenige, der trotz Mahnung nicht leistet, von sich aus ernsthaft und endgültig die Leistung verweigert oder sich sonst in einer Weise verhält, dass der Anspruchsberechtigte aus seinem Verhalten schließen muss, er werde nur im Klagewege seinen Anspruch durchsetzen können.
Im vorl...