Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgangsrecht: Befristeter Ausschluss bei vehementer Ablehnung des Kontakts zwischen Kind und Kindesvater durch die Kindesmutter

 

Normenkette

BGB § 1626 Abs. 3 S. 1, § 1684 Abs. 4 Sätze 1-2; GG Art. 6 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Beschluss vom 24.08.2011; Aktenzeichen 97 F 138/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Cottbus vom 24.8.2011 (Az.: 97 F 138/10) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Vater auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1. und zu 2. sind die Eltern des am ... 10.2003 geborenen Kindes L. H. Sie waren nie miteinander verheiratet, lebten aber zunächst zusammen. Die Trennung erfolgte Ende September 2005. Das Kind verblieb im Haushalt der Mutter.

Der Vater hatte zunächst begleiteten Umgang mit L. und später unbegleiteten Umgang am Wohnort des Kindes in Spremberg. Ab 2008 verbrachte das Kind einmal im Monat ein verlängertes Wochenende bei dem Vater in M. bzw. in H. Es gab auch wöchentlich Telefonkontakt zwischen Vater und Sohn. Im Sommer 2009 und im März 2010 fuhren das Kind, der Vater und dessen Lebensgefährtin zusammen in Urlaub.

Seit April 2010 streiten die Eltern um den Umgang zwischen Vater und Sohn. Auslöser des Streits sind die Gestaltung und bestimmte Geschehnisse während des Urlaubs im März 2010.

Der letzte Kontakt zwischen Vater und Kind fand am 1.9.2010 im Rahmen eines begleiteten Umgangs statt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 24.8.2011 hat das AG - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - das Umgangsrecht des Vaters bis zum 23.2.2013 ausgeschlossen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die ablehnende Haltung der Mutter dem Vater gegenüber und das streitbelastete Verhältnis zwischen den Eltern für das Kind mit einem hohen Maß an psychischer Belastung verbunden sei, so dass jeder weitere Umgangskontakt eine Kindeswohlgefährdung hervorrufen würde. Aus Gründen des Kindeswohls sei es daher geboten, die Umgangskontakte zeitweise auszusetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Vater mit seiner Beschwerde vom 23.9.2011. Er hält den Umgangsausschluss für nicht gerechtfertigt. Die Beziehung zwischen ihm und dem Kind sei normal, wohingegen das Verhältnis zwischen Mutter und Kind gestört sei. Die Mutter leide an einer depressiven Persönlichkeitsstörung mit massiven Ängsten, die sie auch auf das Kind übertrage. Er habe sich im Umgang mit dem Kind nichts zuschulden kommen lassen.

Die Mutter ist der Beschwerde entgegen getreten. Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die von der gerichtlich bestellten Sachverständigen, der Diplom-Psychologin A. M., getroffenen Feststellungen zu ihrer psychischen Verfassung und den krankheitsbedingten Einschränkungen seien fachlich nicht fundiert.

Der Senat hat das Kind L., seine Eltern, den Verfahrensbeistand sowie eine Vertreterin des Jugendamtes am 27.2.2012 persönlich angehört.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Vaters ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen für einen befristeten Ausschluss des Umgangsrechts des Vaters mit dem Kind L. liegen vor.

Gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB kann das Umgangsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Soll dies für längere Zeit geschehen, muss gem. § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB das Kindeswohl konkret gefährdet sein. Geboten ist - unter Berücksichtigung des aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG fließenden Elternrechts und im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen am Maßstab des Kindeswohls. Dabei ist davon auszugehen, dass der Umgang mit beiden Elternteilen in der Regel zum Wohl des Kindes gehört, § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Letzteres setzt eine gegenwärtige Gefahr in einem solchen Maße voraus, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (vgl. zum Ganzen BVerfG FamRZ 2010, 1622; 2009, 1472; BGH FamRZ 1994, 158; Senatsbeschluss vom 29.6.2009 - 9 UF 102/08).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Das AG hat zu Recht das Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind L. bis zum 23.2.2013 ausgeschlossen. Das Wohl des Kindes würde zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch einen Umgang mit dem Vater gefährdet, auch im Fall eines begleiteten Umgangs.

Dies ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten der Diplom-Psychologin A. M. vom 15.6.2011. Die gerichtlich best...

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