Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Aktenzeichen 5 F 298/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 18.10.2021 verkündete Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen (Az. 5 F 298/21) aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen einen Beschluss des Amtsgerichts, mit dem die Ehe der Beteiligten geschieden und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen worden ist.
Der (im Mai 1955 geborene) Antragsteller und die (im Juli 1968 geborene) Antragsgegnerin heirateten am ....04.1992. Der Ehemann war bzw. ist freiberuflicher Schauspieler und Synchronsprecher.
Am 10.03.1992 hatten die Beteiligten einen notariellen Ehevertrag geschlossen, mit dem sie Gütertrennung vereinbarten, wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten und den Versorgungsausgleich ausschlossen. Die Antragsgegnerin, die aus B... stammt, arbeitete seinerzeit als (ungelernte) Kellnerin und war schwanger. Die Tochter der Beteiligten, V... S... wurde am ...1992 geboren. Die Betreuung des Kindes übernahm die Ehefrau.
Mit Schriftsatz vom 29.04.2021 stellte der Antragsteller Antrag auf Ehescheidung und gab als Trennungszeitpunkt den 10.03.2016 an. Die Zustellung der Scheidungsschrift erfolgte am 09.07.2021. Das Amtsgericht bestimmte sodann Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 18.10.2021. Zu diesem Termin erschien die (ordnungsgemäß geladene) Antragsgegnerin nicht. Mitte September 2021 war sie nach B... zurückgekehrt.
Mit am 18.10.2021 verkündeten Beschluss hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, da er durch notariellen Ehevertrag formgemäß ausgeschlossen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.
Gegen den am 22.11.2021 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit einem am 15.12.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der sie eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens erstrebt. Sie rügt Verfahrensfehler und beruft sich auf die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages. Zudem sei die Trennung der Beteiligten erst im Oktober 2020 erfolgt und der Scheidungsantrag verfrüht gestellt worden.
Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss mit näherer Begründung.
Der Senat hat mit Verfügung vom 24.02.2022 eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angekündigt.
II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig (§§ 58 ff., 117 Abs. 1 FamFG) und hat vorläufig dahingehend Erfolg, dass das Verfahren, wie von ihr beantragt, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen ist, § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG.
Das Verfahren des Amtsgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht. Das Amtsgericht hat gegen die ihm obliegende Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) verstoßen, indem es hier die für eine richterliche Kontrolle des notariellen Ehevertrages vom 10.03.1992 (vgl. § 8 VersAusglG) unverzichtbare Tatsachenaufklärung unterlassen hat.
Die richterliche Kontrolle, ob durch eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich eine evident einseitige und unzumutbare Lastenverteilung entsteht, hat der Tatrichter durchzuführen, wenn und soweit das Vorbringen der Beteiligten oder die Sachverhaltsumstände hierzu Veranlassung geben (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2014, 629). Die Sachverhaltsumstände geben jedenfalls dann zu einer näheren Prüfung Veranlassung, wenn sich das Vorliegen einer typischen Unwirksamkeitsfallgruppe aufdrängt (OLG Brandenburg, 4. Familiensenat, Beschluss vom 11.08.2015 - 13 UF 102/14; Götsche in: Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2. Auflage, § 8 Rz. 57 m.w.N.). So liegt der Fall hier.
Die Antragsgegnerin war bei Abschluss des Ehevertrages schwanger. (In der Folgezeit hat sie auch die Betreuung des gemeinsamen Kindes V... übernommen und bis 2007 nicht mehr gearbeitet.) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit eines sog. vorsorgenden, d.h. eines vor oder anlässlich der Heirat und im Zusammenhang entweder mit einer Schwangerschaft oder mit der Sorge für ein gemeinsames Kind geschlossenen Ehevertrages begründet eine Schwangerschaft zwar allein noch keine ungleiche Verhandlungsposition. Sie ist aber ein Indiz dafür und rechtfertigt es, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen (BGH, FamRZ 2009, 1041). Zudem gibt es vorliegend weitere Anhaltspunkte, die auf eine Disparität bei Vertragsabschluss hindeuten. Eine subjektive Imparität kann sich infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit ergeben (BGH, FamRZ 2014, 629; FamRZ...