Verfahrensgang
AG Lübben (Entscheidung vom 18.01.2022; Aktenzeichen 40 OWi 1616 Js 32338/21) |
Tenor
Auf den Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wird der Beschluss des Amtsgerichts Lübben (Spreewald) vom 10. Mai 2022 aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Lübben (Spreewald) vom 18. Januar 2022 wird zugelassen.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Lübben (Spreewald) vom 18. Januar 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Lübben (Spreewald) zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Lübben (Spreewald) hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 18. Januar 2022 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 70,- Euro verhängt.
Dagegen hat der Betroffene auf Zulassung der Rechtsbeschwerde angetragen und diese rechtzeitig begründet. Er rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs.
Mit Beschluss vom 10. Mai 2022 hat das Amtsgericht Lübben (Spreewald) den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen, weil die Rechtsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist begründet worden sei. Dagegen hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 13. Mai 2022 auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts angetragen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt zu entscheiden, wie geschehen.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 31. August 202 das Folgende ausgeführt:
"I.
Der am 13.05.2022 beim Amtsgericht Lübben eingegangene (BI. 157 d. A.) Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts richtet sich gegen den am 11.05.2022 zugestellten (BI. 144 d. A.) Beschluss des Amtsgerichts Lübben vom 10.05.2022 (BI. 140f. d. A.), mit dem der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG, § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist.
Der form- und fristgemäße Antrag (§§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG, § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO) hat auch in der Sache Erfolg.
Der Antrag auf Zulassungsbeschwerde des Betroffenen vom 24.01.2022 (BI. 126f. d. A.) gegen das Urteil des Amtsgerichts Lübben vom 18.01.2022 (BI. 98f. d. A.) ist nach §§ 341, 345 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden.
Das entgegen § 77b Abs. 1 S. 1 OWiG nicht mit Gründen versehene Urteil des Amtsgerichts Lübben vom 18.01.2022 (BI. 131f. d. A.) ist dem bevollmächtigten Verteidiger erst nach richterlicher Zustellungsverfügung vom 01.04.2022 (BI. 137R d. A.) am 07.04.2022 wirksam zugestellt worden (BI. 138 d. A.), so dass die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist folglich am 09.05.2022 gemäß § 345 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 OWiG endete.
In seinen Schriftsätzen vom 10.02.2022 (BI. 131 d. A.) und vom 10.03.2022 (BI. 135f. d. A.) erhob der Betroffene bereits die Rügen, dass das Urteil trotz Einlegung eines Rechtsmittels nicht mit Gründen versehen und dem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 18.01.2022 nicht die Gelegenheit zum Plädieren und zum letzten Wort für den Betroffenen gegeben worden sei. Zumindest konkludent nach§ 300 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 OWiG ergibt sich aus dem Schreiben vom 10.03.2022 auch der Aufhebungsantrag für das Urteil, welches darin als "nicht hinnehmbar" und die Verhandlung und Entscheidung als "gegen jegliche Vorschriften" des OWiG und der StPO bezeichnet wurde.
II.
Das Rechtsbeschwerdegericht wird zugleich über den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu entscheiden haben, da die Sache entscheidungsreif ist, denn die Begründung des Antrags ist der Staatsanwaltschaft spätestens mit Eingang der Akten am 31.05.2022 zugestellt worden (BI. 157R d. A.). Eine Gegenerklärung ist nicht abgegeben worden (BI. 158R d. A.).
Der am 24.01.2022 beim Lübben eingegangene (BI. 127 d. A.) Antrag des Betroffenen richtet sich gegen das am 07.04.2022 zugestellte (BI. 138 d. A.) Urteil des Amtsgerichts Lübben vom 18.01.2022 (BI. 131 d. A.), mit dem gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb der geschlossenen Ortschaft um 25 km/h eine Geldbuße von 70,00 Euro festgesetzt wurde. Das Urteil ist trotz des fristgerecht eingelegten Rechtsmittels des Betroffenen nicht mit Gründen versehen worden (§ 77b Abs. 1 S. 1 OWiG).
Die Fertigung eines Urteils ohne Gründe stellt zwar einen nicht unerheblichen Rechtsfehler dar, da kein Fall des § 77b OWiG gegeben ist. Jedoch führt allein die Tatsache, dass das Amtsgericht fehlerhaft von einer Begründung des Urteils abgesehen hat, obwohl die Voraussetzungen des § 77b OWiG nicht vorliegen, noch nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde; erforderlich ist auch in einem solchen Fall die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des § 80 OWiG (ständige Recht...