Leitsatz (amtlich)
1. Das Auskunftsverlangen i.S.v. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG entspricht demjenigen i.S.v. § 1613 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Es bedarf also der Aufforderung, über Einkünfte und Vermögen Auskunft zu erteilen zu dem Zwecke, ein Herabsetzungsbegehren bezüglich titulierten Unterhalts zu ermöglichen.
2. Das Verzichtsverlangen i.S.v. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG unterliegt spiegelbildlich den Voraussetzungen der Mahnung in § 1613 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Es ist eine sog. negative Mahnung erforderlich, also die Aufforderung an den Unterhaltgläubiger, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Diesen Anforderungen genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in welcher der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren.
Normenkette
FamFG § 238
Verfahrensgang
AG Rathenow (Beschluss vom 26.06.2013; Aktenzeichen 5 F 111/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das AG dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe versagt, soweit er Abänderung des Anerkenntnisurteils vom 23.11.2006 für die Zeit vor Oktober 2012 begehrt. Denn insoweit bietet seine Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO.
1. Gemäß § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG ist die Abänderung gerichtlicher Entscheidungen über den Unterhalt zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Antrags. Ist der Antrag - wie hier - auf Herabsetzung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit ab dem 1. des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtverlangen des Antragsteller folgenden Monats, § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden, § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG. Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften scheidet vorliegend eine Abänderung des Unterhaltstitels für die Zeit vor Oktober 2012 aus.
a) Soweit der Antragsteller Abänderung des Unterhaltstitels für die Zeit vom 1.6. bis zum 23.7.2012 begehrt, kann er damit im Hinblick auf § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG schon deshalb nicht durchdringen, weil sein Abänderungsantrag der Antragsgegnerin erst am 23.7.2013 zugestellt worden ist.
Eine Vorverlagerung auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung, die hier am 11.4.2013 erfolgt ist, scheidet aus. Schon nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht war im Hinblick auf § 323 Abs. 3 Satz ZPO a.F. anerkannt, dass die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags nicht ausreicht, um die Abänderung, bezogen auf diesen Zeitpunkt, zu ermöglichen (BGH, FamRZ 1982, 365; FamRZ 1984, 353 [355]; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 238 FamFG, Rz. 31). Ebenso schied eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 167 ZPO mit der Folge einer Rückwirkung auf die Antragseinreichung aus (BGH FamRZ 1982, 792 [793]; Wendl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8. Aufl., § 10 Rz. 235; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Familienrecht, 5. Aufl., § 238 FamFG Rz. 125). Der Gesetzgeber hat hinreichend deutlich gemacht, dass auch im Rahmen des seit dem 1.9.2009 geltenden § 238 Abs. 3 FamFG, soweit es um den Begriff der Rechtshängigkeit geht, auf den Tag der Zustellung des Antrags abzustellen ist und eine Vorverlagerung auf einen früheren Zeitpunkt nicht in Betracht kommt (BT-Drucks. 16/6308, 258; vgl. auch Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Schael, 2. Aufl., § 1 Rz. 326; Haußleiter/Fest, FamFG, § 238 Rz. 117; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 238 Rz. 66 f.).
Angesichts einer Zustellung des Antrags am 23.7.2013 kommt gem. § 238 Abs. 3 Satz 4 FamFG eine Abänderung frühestens ab dem ein Jahr davor liegenden Tag, also ab dem 23.7.2012, in Betracht.
b) Doch auch für die Zeit vom 24.7.2012 bis zum 30.9.2012 scheidet eine Abänderung des Unterhaltstitels aus. Insoweit liegt weder ein entsprechendes Auskunfts- noch ein entsprechendes Verzichtsverlangen i.S.v. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG vor.
aa) Mit der Vorschrift des § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG wollte der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von Gläubiger und Schuldner erreichen (BT-Drucks. 16/6308, 258; Haußleiter/Fest, a.a.O., § 238 Rz. 128). Auch dem Unterhaltsschuldner sollte unter bestimmten Umständen eine Abänderung für die Zeit vor Rechtshängigkeit ermöglicht werden. Da ein Erhöhungsverlangen gem. § 238 Abs. 3 Satz 2 FamFG für die Zeit zulässig ist, für die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann, entspricht auch das Auskunftsverlangen i.S.v. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG demjenigen i.S.v. § 1613 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB (Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 238 FamFG Rz. 22). Es bedarf also der Aufforderung, über Einkünfte und Vermögen Ausk...