Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollzugslockerungen. Erledigung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch neuen Vollzugsplan. Notwendigkeit der Begründung der Ablehnung des Feststellungsinteresses
Normenkette
StVollzG § 11 Abs. 2, § 115 Abs. 3, §§ 116, 119 Abs. 4
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des .... vom 29. Dezember 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des ..... zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für die Rechtsbeschwerde wird auf 800,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 25. Juni 2009 wandte sich der Beschwerdeführer gegen den Vollzugsplan vom 3. Juni 2009, mit dem früher gewährte Lockerungen in Gestalt von begleiteten Ausgängen versagt wurden. Nachdem die Antragsgegnerin am 23. September 2010 einen neuen Vollzugsplan erlassen hatte, hat der Beschwerdeführer mit Anwaltschriftsatz vom 4. November 2010 beantragt, die Rechtswidrigkeit des Vollzugsplans vom 3. Juni 2009 festzustellen. Mit Beschluss vom 29. Dezember 2010 hat die Strafvollstreckungskammer festgestellt, dass sich "die Maßnahme" erledigt habe und den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es - ohne dass dies erläutert wird - knapp, ein Feststellungsinteresse liege nicht vor.
Gegen diesen Beschluss der Strafvollstreckungskammer wendet sich der Strafgefangene mit der Rechtsbeschwerde. Er ist der Auffassung, dass die Rechtsbeschwerde schon mangels hinreichender Begründung der landgerichtlichen Entscheidung zulässig und begründet sei. Er beantragt sinngemäß, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
II. 1. Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg.
Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist schon deswegen aufzuheben, weil seine Begründung eine Beurteilung, ob die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen, nicht ermöglicht und sich damit einer Nachprüfbarkeit entzieht (vgl. OLG Koblenz ZfStrVo 1989, 120; Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Aufl., § 116 Rn. 6 ff. m.w.N.).
Gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Im vorliegenden Fall kann sich - da sich die Strafvollstreckungskammer zur Frage der Begründetheit nicht geäußert hat - die Prüfung des Senats lediglich auf die Frage der Zulässigkeit, mithin auf die des Feststellungsinteresses bzw. der Wiederholungsgefahr beziehen. Dies ist jedoch dem Senat verwehrt, da die Strafvollstreckungskammer hierzu im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht keine eigenen Feststellungen getroffen und in dem angefochtenen Beschluss lapidar ausführt hat, dass ein Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Eine Begründung für diese Beurteilung gibt die Kammer nicht.
Im Fall der Erledigung der Hauptsache spricht die Strafvollstreckungskammer gem. § 115 Abs. 3 StVollzG auf Antrag aus, dass eine Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein Feststellungsinteresse als logische Voraussetzung für die Überprüfung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme kann sich nach allgemeiner Ansicht aus Gründen der Wiederholungsgefahr, des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs bzw. der Rehabilitierung oder zur Geltendmachung von Amtshaftungs- und Schadensersatzprozessen ergeben (vgl. BVerwG NJW 1980, 2426; OLG Saarbrücken ZfStrVo 83, 60; OLG Hamm ZfStrVo 82, 186; KG StV 1987, 541; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. § 115 Rdnr. 13, jeweils m.w.N.).
Auch in einem Beschluss nach § 115 Abs. 3 StVollzG muss die Strafvollstreckungskammer die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte so vollständig wiedergeben, dass eine hinreichende Überprüfung der Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren möglich ist.
Diesem Erfordernis ist die Strafvollstreckungskammer nicht im Ansatz nachgekommen.
a) Der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 20. September 2010 ist zu entnehmen, das die Frage der Vollzugslockerung und deren Erledigung durch Fortschreibung des Vollzugsplans bereits Gegenstand der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 17. Juli 2009 gewesen sei (...). Damals habe die Strafvollstreckungskammer der Staatskasse die Kosten des erledigten Verfahrens auferlegt, da der Antragsteller in einer gerichtlichen Auseinandersetzung in Bezug auf die erstrebte Vollzugslockerung erfolgreich gewesen wäre. Zu dieser vorausgegangenen Entscheidung verhält sich der angegriffene Beschluss jedoch nicht. Wenn jedoch der Antragsteller damals erfolgreich gewesen wäre und es in der Stellungnahme der Strafvollzugsanstalt vom 20. September 2010 heißt, dass die früheren Stellungnahmen weiterhin Bestand haben, Änderungen in der Einschätzung des Antragstellers offenbar nicht eingetreten sind, drängt sich eine Auseinandersetz...