Leitsatz (amtlich)

1. In einem Verfahren der sofortigen Beschwerde nach § 142a SGG fallen keine Gerichtsgebühren an, die streitwertabhängig wären. Dies gilt auch für solche Verfahren, für die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung seit dem 1.1.2011 die ordentlichen Gerichte zuständig geworden sind.

2. In derartigen Fällen findet keine Streitwertfestsetzung in Bezug auf die Gerichtskosten statt. Es erfolgt aber auf Antrag der anwaltlichen Vertreter der Beteiligten eine Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit.

 

Normenkette

GKG § 50 Abs. 2, §§ 63, 71 Abs. 1 S. 1; RVG § 33; SGG § 207

 

Verfahrensgang

Vergabekammer des Landes Brandenburg (Aktenzeichen VK 23/10)

LSG Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen L 1 SF 197/10 B Verg)

 

Tenor

1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Verfahren der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde und auf Gestattung des Zuschlags hat der Antragsteller zu tragen. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren war für die Auftraggeberin notwendig.

2. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren und in den Verfahren der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde und auf Gestattung des Zuschlags wird auf 170.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Auftraggeberin schrieb den Abschluss von Verträgen zur Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten auf dem Gebiet des Landes Berlin europaweit im offenen Verfahren aus. Der Auftrag ist in 13 Gebietslose aufgeteilt. Jeder Bieter konnte den Zuschlag für maximal vier Gebietslose erhalten.

Der Antragsteller gab für die Lose 1 und 12 Angebote ab. Er stellte, nachdem er das Vergabeverfahren in verschiedener Hinsicht rügte, einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer. Darin machte er u.a. geltend, es sei ihm aufgrund der von ihm gerügten rechtswidrigen Vergabebedingungen nicht möglich gewesen, ein kaufmännisch vernünftiges Angebot zu erstellen. Diesen Nachprüfungsantrag wies die Vergabekammer mit Beschluss vom 2.8.2010 zurück.

Dagegen legte der Antragsteller am 17.8.2010 sofortige Beschwerde beim Landessozialgericht ein. Seinem gleichzeitig gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern, gab das Landessozialgericht mit Beschluss vom 25.8.2010 statt.

Der Antragsteller verfolgte mit der sofortigen Beschwerde in erster Linie die Aufhebung des seiner Auffassung nach rechtswidrigen Vergabeverfahrens. Mit seinem Hilfsantrag wollte er erreichen, dass zumindest die von ihm angegriffenen Ausschreibungsbedingungen der Ausschreibung nicht länger zugrunde gelegt werden. Weiter hilfsweise begehrte er die Überprüfung der Auswahlentscheidung der Beschwerdegegnerin für das Gebietslos 12. Für das Gebietslos 1 war er selbst als Auftragnehmer vorgesehen.

Das Landessozialgericht gestattete mit Beschluss vom 22.10.2010 der Auftraggeberin den Zuschlag.

Nachdem das Landessozialgericht das Verfahren mit Beschluss vom 18.1.2011 an das Brandenburgische OLG abgegeben hatte, hat der Antragsteller die sofortige Beschwerde zurückgenommen.

II. Nachdem der Antragsteller die sofortige Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer zurückgenommen hat, war über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und der beiden Eilverfahren zu entscheiden und hierfür der Streitwert festzusetzen.

1.) Dem Antragsteller sind gemäß den §§ 120 Abs. 2, 78 GWB die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde und der Verfahren gem. § 118 Abs. 2 sowie § 121 GWB aufzuerlegen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH zu § 78 GWB sind im Falle der Rücknahme der Beschwerde die Kosten - Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten des Gegners - zu erstatten, wenn sich der Beschwerdeführer durch die Rücknahme der Beschwerde selbst in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Hier kommt hinzu, dass aus der Entscheidung des Landessozialgerichts über den Antrag nach § 121 GWB ersichtlich ist, dass der Antragsteller im Beschwerdeverfahren unterlegen gewesen wäre. Billigkeitsgesichtspunkte, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 7.11.2006 - KVR 19/06, NJW-RR 2007, 616, zitiert nach Juris).

Der Ausspruch zur Notwendigkeit der Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten im Beschwerdeverfahren durch die Auftraggeberin erfolgt im Hinblick auf § 120 Abs. 1 S. 2 GWB zur Klarstellung.

2.) Der Streitwert war wie aus dem Tenor ersichtlich gem. § 50 Abs. 2 GKG festzusetzen.

a.) Diese Festsetzung gilt allerdings nicht für die Gerichtskosten. Die Festsetzung des Beschwerdewertes für die Gerichtskosten unterbleibt, weil sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert berechnen, vgl. § 63 Abs. 1 GKG. Denn in einem Verfahren der sofortigen Beschwerde nach § 142a SGG, um das es sich vorliege...

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