Tenor
Die Sache wird gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
"Bedarf die erneute Absendung eines Anhörungsbogens im EDV-unterstützten Bußgeldverfahren an einen von der Person des bisher als Betroffenen geführten Kfz-Halter abweichenden Fahrer als neuen Betroffenen (sog. Betroffenenwechsel) einer schriftlichen Anordnung mit handschriftlicher Unterschrift oder Namenskürzel durch den Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde, um die Verjährungsunterbrechung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG herbeizuführen?"
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 22. März 2005 gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h eine Geldbuße von 80,00 Euro festgesetzt.
Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 14. Juni 2004 mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen die BAB 10 im Bereich des westlichen Berliner Rings.
Dort passierte er den Autobahnkilometer 135,2 in Fahrtrichtung des Autobahndreiecks Havelland mit einer Geschwindigkeit von mindestens 104 km/h. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war jedoch vor dieser Stelle durch das Kennzeichen 274 auf 80 km/h begrenzt worden.
In dem angefochtenen Urteil wird die Rechtsansicht vertreten, dass die von der Bußgeldbehörde am 27. Juli 2004 angeordnete Übersendung eines Anhörungsbogens an den als Fahrer ermittelten Betroffenen die Verfolgungsverjährung unterbrochen habe (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) und damit die Ordnungswidrigkeit zum Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides am 22. September 2004 noch nicht verjährt war.
Der Betroffene hat form- und fristgerecht die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das angefochtene Urteil beantragt und diese mit Schriftsatz vom 22. Mai 2005 durch seinen Verteidiger begründen lassen. Der Betroffene vertritt die Ansicht, dass die Tat zum Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides bereits verjährt gewesen sei. Durch die Übersendung des Anhörungsbogens sei die Verjährung nicht gem. § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen worden. Eine derartige Unterbrechung könne dem Statusblatt der Bußgeldakte vom 22. November 2004 auch nicht entnommen werden. Bei diesem Blatt handele es sich um einen Computerausdruck, der zum Nachweis einer Verjährungsunterbrechung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG nicht geeignet sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 7. Juli 2005 ausgeführt, der zu entscheidende Einzelfall gebe keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage sei weder dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu entnehmen, noch sonst ersichtlich. Im übrigen sei über den Eintritt der Verfolgungsverjährung im Fall der Versendung von Anhörbögen mit Hilfe eines Computerprogramms bei fehlender Identität von Halter und Fahrer bereits durch den 2. Strafsenat als Senat für Bußgeldsachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Senatsbeschluss vom 30. Juni 2005 - 2 Ss (OWi) 120 Z/05) - wenn auch im Sinne des Betroffenen - entschieden worden.
Der Einzelrichter beim 1. Senat für Bußgeldsachen hat die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 16. Oktober 2005 zugelassen und gem. § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Der Senat möchte die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verwerfen, da - abgesehen vom Fehlen weiterer Rechtsfehler - die Ordnungswidrigkeit nach Auffassung des Senats nicht verjährt, vielmehr die Verjährung gegenüber dem Betroffenen gem. § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG am 27. Juli 2004 unterbrochen worden ist. Er sieht sich daran jedoch durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. April 2004 - Ss (OWi) 128/04 -(vgl. DAR 2004, 534 f) und 10. Mai 2005 - Ss (OWi) 886/04 (vgl. DAR 2005, 570 ff) gehindert (§ 121 Abs. 2 GVG).
1.
Der für die Frage der Verjährung im vorliegenden Fall maßgebliche Ablauf des Verwaltungsverfahrens der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Brandenburg in Gransee stellt sich nach dem Inhalt der Bußgeldakte und dem vorgehefteten Statusblatt (Vorgangshistorie) wie folgt dar:
Am 29. Juni 2004 wurden nach Vorgangserfassung eine Halteranfrage und am 30. Juni 2004 eine Fahrerermittlung eingeleitet. Am 20. Juli 2004 teilte die GmbH der Bußgeldstelle für den 14. Juni 2004 (Tattag) die Fahrerdaten des Betroffenen mit. Aus dem Statusblatt ergeben sich hierzu unter dem Datum 27. Juli 2004 und der Buchstabenfolge "osb93" die Eintragung "Betroffenenwechsel. neuer BT", die Eingabe "geänderte Daten", ein "Druckauftrag: Anhoer", und des weiteren folgende Eintragungen:
27.07.2004 09:11:11 osb93 B_AH Erst Anhörung an: "..."
27.07.2004 09:11:11 osb93 B_AH Erst Übergang: "Schriftliche Anhörung erteilt"
Der Senat hat von der Zentralen Bußgeldstelle der Polizei des Landes Brandenburg im Freibeweisverfahren eine schriftliche Stellungnahme eingeholt...