Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründetheit des Befangenheitsantrags wegen Ablehnung des Richters zur Protokollierung eines erteilten Hinweises sowie der geäußerten Rechtsansicht
Normenkette
ZPO § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 11.11.2010) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Potsdam vom 11.11.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 6.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines Darlehens vor der Kammer für Handelssachen in Anspruch und trägt dazu vor, die Gesellschafterversammlung habe beschlossen, dass die Gesellschafter, zu denen auch der Beklagte gehöre, ihr ein Darlehen gewähren. Der Beklagte tritt diesem Anspruch entgegen.
Mit Beschluss vom 30.4.2010 bewilligte das Brandenburgische OLG dem Beklagten Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem LG. In den Gründen seiner Entscheidung führt das Brandenburgische OLG aus, dass die Klage nicht begründet und somit dem Beklagten zur Abwehr des mit der Klage geltend gemachten Anspruches Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei. Die Parteien nahmen sodann unter Berücksichtigung des Weiteren Vorbringens und der Gründe der vorgenannten Entscheidung des OLG in Vorbereitung des auf den 8.9.2010 vor dem LG, Kammer für Handelssachen, anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung ergänzend Stellung. Nachdem eine gütliche Einigung nicht zustande kam, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 8.9.2010 die Anträge gestellt. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung heißt es:
"Die Sach- und Rechtslage wird erörtert. Der Beklagtenvertreter beantragt, dass das Gericht die erteilten Hinweise zu Protokoll gibt. Das Gericht erklärt, dass es nicht beabsichtigt, die bereits erteilten Hinweise auch noch schriftlich festzuhalten ..."
(Bl. 116 d.A.).
Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten lehnte auch namens des Beklagten sodann die den Vorsitz führende Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom selben Tage kündigte er eine Begründung an, die mit Schriftsatz vom 22.9.2010 erfolgte. Nachdem ihm die dienstliche Äußerung der Richterin vom 9.9.2010 zur Kenntnis gegeben worden ist, lehnte er die Richterin unter Bezugnahme auf diese dienstliche Äußerung mit Schriftsatz vom 22.9.2010 erneut ab. Die abgelehnte Richterin äußerte sich insoweit am 6.10.2010. Mit Beschluss vom 11.11.2010 hat die Kammer für Handelssachen das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Gegen den am 18.11.2010 zugestellten Beschluss hat der Beklagte sowie sein Prozessbevollmächtigter mit einem am 1.12.2010 beim OLG Brandenburg eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist statthaft und fristgerecht eingelegt (§§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1, 569, 571 ZPO). Die besonderen Umstände dieses Ablehnungsverfahrens erforderten hier nicht das ansonsten grundsätzlich vorgeschriebene Abhilfeverfahren nach § 572 Abs. 1 ZPO durchzuführen. Die Beschwerdeführer haben die Beschwerde unmittelbar gem. § 569 Abs. 1 ZPO beim Beschwerdegericht eingereicht und dadurch zu erkennen gegeben, dass sie zur Verkürzung des Verfahrens auf das Abhilfeprüfungsverfahren verzichten wollen. Unter Berücksichtigung des bisherigen Verlaufs des Ablehnungsverfahrens und der Begründung der sofortigen Beschwerde hat hier die mit § 572 Abs. 1 ZPO angestrebte Entlastung des Beschwerdegerichts hinter dem legitimen Wunsch der Beschwerdeführer nach einer umgehenden Entscheidung des Beschwerdegerichts zurückzutreten, zumal die Durchführung des Abhilfeverfahrens keine Voraussetzung des Beschwerdeverfahrens ist (Zöller/Vollkommer, 28. Aufl., § 572 Rz. 4 m.w.N.).
1. Das durch den Prozessbevollmächtigten ausdrücklich auch im eigenen Namen gestellte Ablehnungsgesuch ist unzulässig. Dem Prozessbevollmächtigten steht kein selbständiges Ablehnungsrecht aus eigenem Recht zu (Zöller/Vollkommer, 28. Aufl., § 42 Rz. 2 m.w.N.; Musielak-Heinrich, 7. Aufl., § 42 Rz. 18; Baumbach, ZPO, 69. Aufl. 2011, § 42 Rz. 4 m.w.N.).
Das Ablehnungsgesuch des Beklagten ist in der mündlichen Verhandlung am 8.9.2010 vor dem LG in zulässiger Form mündlich angebracht und von der Richterin zu Protokoll genommen worden (Zöller/Vollkommer, 28. Aufl., § 44 Rz. 1). Die Individualisierung des Ablehnungsgrundes war sogleich erforderlich, die alleinige Erklärung, dass die Richterin abgelehnt werde, wäre dagegen nicht ausreichend. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung kann entnommen werden, dass das Ablehnungsgesuch im unmittelbaren Zusammenhang mit der Entscheidung der Richterin zur (Nicht-)Protokollierung eines Hinweises gestellt worden ist. Insoweit ist dies zur Individualisierung des Ablehnungsgesuches ausreichend und kann zudem ergänzt werden (a.a.O., § 44 Rz. 2).
2. Zutreffend haben die nach der Geschäftsverteilung des LG zuständigen Vertreter der abgelehnten Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen nicht allein, sondern in voller Spruchbesetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern entschie...