Leitsatz (amtlich)
1. Zur Beschwer eines Beteiligten, wenn das Gericht per Beschluss die Erledigung des Verfahrens festgestellt hat.
2. Hat ein Gericht die Erledigung des Verfahrens festgestellt, begründet eine nach der Entscheidung eintretende veränderte Tatsachenlage keine Beschwer für eine gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Aktenzeichen 230 F 419/12) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Insoweit wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen gewährt.
Gründe
I. In erster Instanz haben die beteiligten, gemeinsam sorgeberechtigten Kindeseltern wechselseitig die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für ihren gemeinsamen minderjährigen Sohn begehrt. Nachfolgend haben sie unter Berücksichtigung einer positiven Entwicklung in der beiderseitigen Kommunikation das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 8.3.2013 hat das AG insbesondere die Erledigung des Verfahrens festgestellt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie gelten macht, dass aufgrund der aktuellen Entwicklung nicht (mehr) von einer Erledigung in der Angelegenheit ausgegangen werden könne, weshalb sie auf ihren Antrag zur Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie zurückkomme.
II. Die Beschwerde ist nach derzeitigem Stand unzulässig. Es fehlt an der notwendigen Beschwer der Antragsgegnerin.
Die Beschwerde steht gem. § 59 Abs. 1 FamFG demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dies setzt voraus, dass der Tenor der angefochtenen Entscheidung für den Beschwerdeführer nachteilig ist (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO/FamFG, 34. Aufl. 2013, § 59 FamFG Rz. 8).
In Antragsverfahren - zu dem auch der hier geführte Streit um das Sorgerecht i.S.v. § 1671 BGB zählt (vgl. auch Schael in: Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Aufl., § 2 Rz. 114) - ist zudem die formelle Beschwer maßgebend. Danach steht die Beschwerde im Regelfall nur demjenigen zu, dessen erstinstanzlicher Antrag - sei es als unzulässig, sei es als unbegründet - zurückgewiesen worden ist, vgl. § 59 Abs. 2 FamFG. Der Beschluss muss also in seinem rechtsfähigen Inhalt hinter dem verfolgten Begehren des Beschwerdeführers zurückbleiben und diesen benachteiligen; mit dem Rechtsmittel muss die Beseitigung gerade des nachteiligen Inhalts der Entscheidung verfolgt werden (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO/FamFG, 34. Aufl. 2013, § 59 FamFG Rz. 7 und 9; vgl. auch BGH NJW 1990, 2683).
Dabei müssen in Antragsverfahren sowohl die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG als auch des § 59 Abs. 2 FamFG kumulativ vorliegen (BGH NJW 2011, 1809; FamRZ 2003, 1738, 1740).
An einer solchen zurückweisenden bzw. in sonstiger Weise die Kindesmutter benachteiligenden Entscheidung fehlt es hier. Erstinstanzlich haben beide beteiligte Kindeseltern ihre wechselseitig gestellten Anträge auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht mehr verfolgt, indem sie übereinstimmend das Verfahren für erledigt erklärt haben. Demzufolge hat das AG zutreffend nicht mehr in der Sache selbst entscheiden, vgl. § 22 Abs. 3 FamFG. Obwohl das Gericht in Antragsverfahren von Amts wegen zu ermitteln hat, ob eine Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache eingetreten ist, soll von einer Entscheidung durch das Gericht abgesehen werden, wenn die Beteiligten eine Entscheidung nicht mehr begehren, § 22 Abs. 3 FamFG. Insoweit ist die Pflicht des Gerichts, das Verfahren von Amts wegen zu führen, nicht mehr gegeben; damit muss auch nicht mehr geklärt werden, ob tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist (Musielak/Borth, FamFG, 3. Aufl. 2012, § 22 Rz. 3).
Auch § 65 Abs. 3 FamFG ändert nichts, da die in dieser Vorschrift normierte Möglichkeit neuen Vorbringens in der Beschwerdeinstanz zunächst eine in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde - an der es hier gerade fehlt - voraussetzt. Dies zeigt bereits die systematische Stellung des dem § 59 FamFG nachfolgenden § 65 FamFG. Mit der Beschwerde könnte insoweit allein gerügt werden, dass entweder zur Zeit der Entscheidung des AG die Voraussetzungen für das Ausbleiben einer Sachentscheidung nicht vorgelegen haben oder dass die Entscheidung den Beschwerdeführer aus sonstigen Gründen in seinen Rechten verletzt hat, vgl. auch § 62 FamFG. Dies macht die Antragsgegnerin aber nicht geltend, da sie sich allein auf eine veränderte Tatsachenlage und nicht auf die Unrichtigkeit der Entscheidung selbst stützt. Insbesondere muss dabei beachtet werden, dass zur Zeit der Entscheidung des AG beide Elternteile ihre sorgerechtlichen Anträge nicht mehr verfolgt hatten. Insoweit stellt sich die im Beschwerdeverfahren erfolgte Wiederaufnahme des in erster Instanz gestellten Antrags als neuer Antrag dar. Eine solche erneute Antragstellung eines in erster Instanz fallen gelassenen Antrags im Beschwerdeverfahren löst jedoch keine eigenständige Beschwer aus, vielmehr muss der neue Antrag wieder bei dem jeweils zuständigen Ge...