Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe für Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bei Bezug von Unterhaltsvorschuss und freiwilligen Unterhaltsleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Forderungsübergang nach § 7 Abs. 1 UVG betrifft nur zurückliegende Zahlungen und steht einer aussichtsreichen Rechtsverfolgung (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO) von Kindesunterhaltsansprüchen für künftige Monate nicht entgegen.

2. Die freiwillige Zahlung von Kindesunterhalt lässt weder das Rechtsschutzbedürfnis des Unterhaltsschuldners an einer vollständigen Titulierung entfallen (vgl. Wendl/Schmitz, Unter-haltsrecht, § 10 Rn. 39 m.w.N.), noch begründet sie Mutwillen des hierauf antragenden Unterhaltsgläubigers (vgl. Musielak/Voit/Fischer ZPO § 114 Rn. 38).

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Aktenzeichen 6 F 164/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 13.07.2018 aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Zossen zurückverwiesen, das über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden soll.

 

Gründe

1. Die minderjährige Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein Unterhaltsverfahren.

Sie beansprucht vom Antragsgegner, ihrem Vater, rückständigen und laufenden Mindestunterhalt.

Dieser wendet in Höhe von 106 EUR monatlich Erfüllung, in Höhe von 167 EUR monatlich Übergang der Forderungen auf den Träger der Leistungen für Unterhaltsvorschuss und im Übrigen Leistungsunfähigkeit ein.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung verneint, weil die Vertretungsberechtigung der Kindesmutter in Ansehung einer möglichen Beistandschaft des Jugendamtes zweifelhaft und die Antragstellerin dem Vorbringen zu Leistungen nach dem UVG nicht entgegengetreten sei.

2. Die nach §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 127, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZPO) lässt sich mit der gegebenen Begründung nicht gänzlich verneinen.

Die Vertretungsbefugnis der Kindesmutter folgt aus § 1629 Abs. 1 S 1 oder Abs. 2 S 2 BGB. Anhaltspunkte für eine Beistandschaft (§§ 1712 ff BGB) sind nicht ersichtlich. Das Aufforderungsschreiben des Jugendamtes vom 12.02.2018 stützt sich auf §§ 6, 7 UVG (11).

Das Vorbringen der Antragstellerin zu Unterhaltsrückständen und zu Forderungen für in die Vergangenheit rückende Monate bleibt auch in Ansehung der unwidersprochenen Darlegungen des Antragsgegners zur teilweisen Erfüllung und zum teilweisen Forderungsübergang zumindest in Höhe von 97 EUR (370 EUR -106 EUR - 167 EUR) monatlich schlüssig aus §§ 1601, 1602, 1610, 1612a, 1612b, 1613 BGB.

Für zukünftige Monate besteht uneingeschränkte Erfolgsaussicht. Das Vorbringen der Antragstellerin ist in voller Höhe des Mindestunterhalts schlüssig aus den zuvor genannten Bestimmungen. Der Forderungsübergang nach § 7 Abs. 1 UVG betrifft nur zurückliegende Zahlungen.

Das Vorbringen des Antragsgegners zur Leistungsunfähigkeit (§ 1603 BGB) ist bei geltend gemachtem Mindestunterhalt schon mangels Darlegung seines tatsächlichen Einkommens unerheblich, wovon das Amtsgericht bereits zutreffend ausgegangen ist (12).

Die freiwillige Zahlung von Kindesunterhalt lässt weder das Rechtsschutzbedürfnis des Unterhaltsschuldners an einer vollständigen Titulierung entfallen (vgl. Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, § 10 Verfahrensrecht Rn. 39 m.w.N.), noch begründet sie Mutwillen des hierauf antragenden Unterhaltsgläubigers (vgl. Musielak/Voit/Fischer ZPO § 114 Rn. 38), worauf der Senat vorsorglich hinweist.

Er hat die Sache zurückverwiesen, damit das Amtsgericht die dort bislang unterlassene Prüfung der Hilfsbedürftigkeit nachholen kann, § 572 Abs. 3 ZPO.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 12148017

FF 2019, 41

JAmt 2019, 151

NZFam 2018, 1093

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