Verfahrensgang

AG Prenzlau (Entscheidung vom 13.12.2001; Aktenzeichen 21 OWi 297/01)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Prenzlau vom 13. Dezember 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Prenzlau zurückgewiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Prenzlau verurteilte den Betroffenen am 13. Dezember 2001 wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 255,00 DM und ordnete ein Fahrverbot von einem Monat an.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Sachrüge erhebt.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Ein Verfahrenshindernis liegt allerdings nicht vor. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Betroffenen nicht Verfolgungsverjährung eingetreten.

Nach § 26 Abs. 3 StVG beträgt die Frist der Verfolgungsverjährung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten (§ 24 StVG) drei Monate, so lange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben ist, danach sechs Monate. Da dem Betroffenen vorgeworfen wurde, am 27. Februar 2001 mit seinem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, trat drei Monate später Verfolgungsverjährung ein, sofern kein Unterbrechungstatbestand vorlag. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG wird die Verfolgungsverjährung durch die Anordnung der Vernehmung des Betroffenen unterbrochen. Das ist hier vor Ablauf der Dreimonatsfrist entgegen der Ansicht des Betroffenen in wirksamer Weise geschehen. Dem Betroffenen ist als Halter des Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen UM-WS 131 am 4. April 2001 ein Anhörungsbogen übersandt worden, aus dem sich der Tatvorwurf eindeutig ergibt. Dieser ist nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils überschrieben mit "Anhörung des Betroffenen" Nach der Anrede heißt es: "Ihnen wird vorgeworfen, am 27. 02. 2001 um 18. 05 Uhr auf der BAB 11 km 73, 5 (. . . ) folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: (. . . )" Anschließend folgt die Belehrung über die Rechte als Betroffener im Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Der Inhalt dieses Anhörungsbogens ist eindeutig. Der Betroffene als Adressat des Anhörungsbogens wird beschuldigt, die angegebene Verkehrsordnungswidrigkeit begangen zu haben. Darüber kann auch angesichts der Textpassagen, "Sie sind aber auf jedem Falle - auch wenn Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben - verpflichtet, die Fragen zur Person (Nr. 1) vollständig und richtig zu beantworten" und "zur Ermittlung des betroffenen Fahrzeugführers kann die Behörde das Beweisfoto mit dem Personalausweis- oder Paßregister abgleichen" kein Zweifel bestehen. Ein verständiger Leser konnte nicht dem Irrtum unterliegen, die Ermittlungen der Ordnungsbehörde richteten sich gegen einen (noch) unbekannten Täter und nicht gegen den Betroffenen.

Die Dreimonatsfrist, die gemäß § 33 Abs. 3 OWiG mit der Anordnung der Anhörung des Betroffenen von neuem zu laufen begann, wurde sodann am 31. Mai 2001 durch den Erlaß des Bußgeldbescheides unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG).

Der Bußgeldbescheid ist entgegen der Auffassung des Betroffenen wirksam. Nicht jeder Mangel des Bußgeldbescheides führt zu dessen Unwirksamkeit; der Bestand des Bußgeldbescheides wird nur durch schwerwiegende Mängel beeinträchtigt. Schwerwiegend ist ein Mangel dann, wenn er die Abgrenzung des Schuldvorwurfs in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht nicht ermöglicht (BGHSt 23, 336) oder zur Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Rechtsfolge im Falle des Rechtskrafteintritts führt. Ein derartiger Mangel des Bußgeldbescheides liegt ersichtlich nicht vor. Soweit der Betroffene den Verstoß gegen ein Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot rügt, weil die Ordnungsbehörde vor Erlaß des Bußgeldbescheides vom Einwohnermeldeamt die Ablichtung des Passbildes des Betroffenen anforderte, verkennt er, dass Mängel im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde grundsätzlich keinen Einfluß auf die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides haben und im gerichtlichen Verfahren unbeachtlich sind (Karlsruher Kommentar 2. Aufl. 2000, § 66 OWiG Rdnr. 39; Göhler 13. Aufl. 2002 § 66 Rdnr. 51). Das Gericht entscheidet nicht darüber, ob der Bußgeldbescheid in zulässiger Weise erlassen und begründet worden ist, sondern über die durch den Bußgeldbescheid in sachlicher und persönlicher Hinsicht begrenzte Tat in der Sache selbst.

Im übrigen läßt das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde einen Verstoß gegen ein Beweiserhebungsverbot nicht erkennen. Die Übermittlung der Kopie des Lichtbildes des Betroffenen von dem Einwohnermeldeamt B. . . an das Polizeipräsidium O. . . wird von § 2 b Abs. 2 PersonalAuswG gedeckt. Diese Vorschrift schränkt die generelle Auskunftspflicht der Behörden nach § 161 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG unter anderem dahingehend ein, dass eine Datenweitergabe durch die Personalausweisbehörden nur dann zulässig ist, wenn die Daten bei dem Betroff...

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