Leitsatz (amtlich)
1. Hat das AG die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO aufgehoben, weil die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht abgegeben hat, so kann die Partei eine solche Erklärung noch im Beschwerdeverfahren nachholen.
2. Im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO genügt die Partei ihrer Auskunftspflicht damit, dass sie angibt, ob und ggf. in wie weit sie ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie sich aus dem von ihr bei Antragstellung ausgefüllten Vordruck ergeben, geändert haben und sie diese Angaben, soweit erforderlich, belegt. Eine Pflicht, den Vordruck gem. § 117 Abs. 4 ZPO zu verwenden, besteht nicht.
Verfahrensgang
AG Perleberg (Beschluss vom 16.05.2002; Aktenzeichen 16a F 186/97) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F., 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Denn die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Nach § 124 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden, wenn die Partei die ihr gem. § 120 Abs. 2 S. 2 ZPO obliegende Mitwirkungspflicht verletzt und nicht erklärt, ob sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert haben. Das Gesetz sieht für die Erledigung der gerichtlichen Aufforderung keine Frist vor. Eine zweckmäßigerweise hierfür gesetzte Frist ist weder eine Ausschluss-, noch eine Notfrist, so dass die versäumte Handlung, also die Abgabe der geforderten Erklärung, im Beschwerdeverfahren noch nachgeholt werden kann (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F.; vgl. OLG München v. 18.8.1992 – 12 WF 932/92, OLGReport München 1993, 42 = FamRZ 1993, 580; OLG Stuttgart v. 14.1.1997 – 8 WF 23/96, FamRZ 1997, 1089; OLG Karlsruhe v. 21.6.1996 – 2 WF 64/96, FamRZ 1997, 756; Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf -/Gutjahr, § 1 Rz. 297; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 124 Rz. 10a). Dies hat die Klägerin getan und eine neue Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Damit hat sie die vom AG geforderte Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO abgegeben, was bereits bei der Prüfung, ob der Beschwerde abzuhelfen sei, hätte berücksichtigt werden müssen. Darauf, dass zur Überprüfung der Frage, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen Verhältnisse eingetreten ist, nur Angaben über die Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die Vorlage entspr. Belege, nicht aber eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gefordert werden kann, wie es das AG mit den Verfügungen, die dem angefochtenen Beschluss vorausgegangen sind, getan hat (vgl. OLG Brandenburg v. 22.1.1996 – 10 WF 97/95, FamRZ 1996, 806; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 297; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 120 Rz. 28, jew. m.w.N.), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Mit Vorlage der Erklärung liegen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO nicht (mehr) vor.
Das AG wird nunmehr zu prüfen haben, ob gem. § 120 Abs. 4 ZPO eine abändernde Entscheidung zu treffen ist.
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass zumindest zweifelhaft ist, ob die vom AG gewählte Form der Nichtabhilfeentscheidung, nämlich durch Verfügung statt durch Beschluss, zulässig ist (vgl. hierzu Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 572 Rz. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 572 Rz. 8; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 572 Rz. 10). Jedenfalls hätte die Nichtabhilfeentscheidung den Parteien zugeleitet werden müssen (FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 192; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 572 Rz. 11, 17; differenzierend Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 572 Rz. 8), was vorliegend nicht geschehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Gutjahr
Fundstellen