Verfahrensgang
AG Cottbus (Entscheidung vom 26.10.2006; Aktenzeichen 67 OWi 255/06) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 26. Oktober 2006 ist gegenstandslos.
Der Betroffenen wird Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Der Antrag der Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 7. September 2006 wird als unbegründet verworfen.
Die Betroffene trägt die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens und ihres Rechtsmittels.
Gründe
I.
Gegen die Betroffene ist wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit ein Bußgeldbescheid über eine Geldbuße in Höhe von 25,00 Euro ergangen, gegen den sie rechtzeitig Einspruch eingelegt hat, woraufhin vom Amtsgericht Cottbus Hauptverhandlungstermin für den 7. September 2006 anberaumt worden ist. Mit Schreiben ihres Verteidigers vom 6. September 2006, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tage um 17.16 Uhr, nahm die Betroffene ihren Einspruch zurück.
Weil der Schriftsatz von der Geschäftsstelle der Abteilung des Amtsgerichts jedoch versehentlich nicht rechtzeitig an die zuständige Richterin weitergeleitet wurde, verwarf die Amtsrichterin im Hauptverhandlungstermin vom 7. September 2006 in Unkenntnis der Rücknahme den Einspruch der Betroffenen durch Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG.
Nach Kenntnisnahme von der Rücknahme erklärte die Amtsrichterin ihr Urteil vom 7. September 2006 für "nichtig", verfügte dann aber auf Antrag der Amtsanwaltschaft die Zustellung des Urteils.
Gegen das ihm daraufhin am 12. Oktober 2006 zugestellte Urteil beantragte der Verteidiger der Betroffenen mit Schreiben vom 19. Oktober 2006, eingegangen bei Gericht per Telefax am 20. Oktober 2006, die Zulassung der Rechtsbeschwerde und führte zur Begründung aus, der Einspruch sei rechtzeitig zurückgenommen worden, so dass das Urteil wegen eines Verfahrenshindernisses nicht habe ergehen dürfen.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2006 beantragte er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde. Dass das Rechtsmittel erst am 20. und nicht schon am 19. Oktober 2006 per Fax dem Gericht übersandt worden sei, sei als Verteidigerverschulden seiner Mandantin nicht anzulasten.
Mit Beschluss vom 26. Oktober 2006 verwarf das Amtsgericht Cottbus den Antrag auf Wiedereinsetzung mangels Glaubhaftmachung als unbegründet und den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verspätung als unzulässig.
Gegen diesen ihm am 9. November 2006 zugestellten Beschluss hat der Verteidiger mit Schreiben vom 16. November 2006, eingegangen bei Gericht am selben Tag, die Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts beantragt.
II.
1.
Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 80 Abs. 4 OWiG, § 346 Abs. 2 StPO ist zulässig und begründet.
Das Gericht, dessen Urteil mit der Rechtsbeschwerde angefochten wird, ist zwar befugt, die Rechtsbeschwerde wegen Verspätung oder nicht erfüllter Formerfordernisse zu verwerfen (§ 80 Abs. 4 Satz 2, § 346 Abs. 1 StPO), jedoch ist ihm eine Entscheidung über einen zugleich gestellten Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist nach § 46 Abs. 1 StPO versagt (Meyer-Goßner, StPO, 48. Auflage, Rndr. 16 zu § 346). Das Amtsgericht Cottbus durfte jedenfalls nicht über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheiden. Sein Beschluss vom 26. Oktober 2006 ist gegenstandslos.
2.
Der Betroffenen ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist zu gewähren.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zulässig und begründet.
An der Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde trifft sie kein Verschulden (§ 44 StPO). Verschulden des Verteidigers, auch des gewählten, ist dem Betroffenen in der Regel nicht zuzumuten, wenn sich für den Betroffenen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Verteidiger untätig bleiben könne (Meyer-Goßner, Rdnr. 18 zu § 44 StPO m.w.N.).
Das Versehen ihres Verteidigers, dessen Büro die Beschwerdeschrift um einen Tag verspätet per Telefax an das Gericht gesandt hat, ist der Betroffenen hier nicht zuzurechnen. Auf ein Mitverschulden ihrerseits deutet nichts hin.
Die anwaltliche Versicherung dieses Geschehensablaufs reicht zur Glaubhaftmachung bezüglich der Ursache der Verspätung aus.
3.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Zulassungsvoraussetzungen des § 80 Abs. 1, Abs. 2 OWiG liegen nicht vor.
Die Betroffene hat zwar ihren Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wirksam am 6. September 2006 und damit vor dem angefochtenen Urteil zurückgenommen.
Maßgeblich für den Zeitpunkt der Rücknahme eines Rechtsmittels oder eines Rechtsbehelfs ist der Eingang des Schreibens bei dem mit der Sache befassten Gericht, nicht der Eingang auf der Geschäftsstelle oder die Kenntnisnahme des zuständigen Richters (Meyer-Goßner, StPO, 48. Auflage, § 302 Rndr. 8; Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 71 Rdnrn. 9 und 11 jeweils m.w.N.).
Mit wirksamer Rück...