Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung des Umgangs auch gegen den Willen des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
Notwendigkeit fester Regelungen des Umgangs eines fast 15 Jahre alten Kindes mit dem Vater gegen den Willen der Mutter und des Kindes
Normenkette
BGB § 1684
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 EUR
Gründe
I. Die beteiligten Eltern streiten über den Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Sohn G. B., geb. am ...8.1995.
Die Eltern lebten mit G. und der Tochter der Antragsgegnerin aus erster Ehe, M. B., geboren am ...6.1986, in ihrem Einfamilienhaus in S. Nach der Trennung zog der Vater am 24.10.2008 aus, lebte zunächst in einer Wohngemeinschaft und bewohnt jetzt eine Wohnung in B. Er ist Sozialpädagoge und arbeitet in einem Behindertenheim. Die Mutter ist Lehramtsanwärterin und nebenbei als Segeltrainerin tätig.
G. besucht das Gymnasium in E. Vor seiner Einschulung wurde bei ihm eine Entwicklungsverzögerung festgestellt, weshalb in der Zeit von September 2001 bis August 2002 verschiedene therapeutische Behandlungen stattfanden.
Durch Schriftsatz vom 26.2.2009 hat der Vater das vorliegende Verfahren eingeleitet und vorgetragen, dass die Mutter ihm keinen Umgang mit dem Sohn gewähre, sie plane G. s Freizeit so, dass für Besuche bei ihm kaum Zeit bleibe. Er hat Umgang an jedem zweiten Wochenende von Freitag, 17 Uhr, bis Sonntag, 15 Uhr, sowie eine Ferienregelung verlangt.
Die Mutter ist dem entgegengetreten und hat behauptet, G. lasse sich nicht vorschreiben, wann er seinen Vater besuche. Da er schulische Verpflichtungen habe und segle, sei eine Festlegung von Umgangsterminen nicht möglich.
Das AG hat die Eltern und G. angehört. Durch Beschluss vom 11.3.2009 hat es dem Vater Umgang wie folgt eingeräumt:
- an jedem 1. und 3. Samstag im Monat ab 10 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag 18 Uhr,
- am Oster- und Pfingstmontag sowie am 26.12. eines jeden Jahres von 10 bis 18 Uhr,
- während der ersten zwei Wochen der brandenburgischen Sommerferien vom ersten Freitag, 17 Uhr, bis zum Freitag der abgelaufenen zweiten Ferienwoche, 17 Uhr.
Gegen diese Umgangsregelung wendet sich die Mutter mit der Beschwerde. Sie trägt vor:
Die angefochtene Entscheidung entspreche dem Kindeswohl nicht. G., dessen Vorstellungen im Hinblick auf sein Alter berücksichtigt werden müssten, wolle seine Freizeit mit Freunden und dem Segelsport verbringen. Er wünsche keine festen Umgangstermine. Er sei durch die "Brechung seines Willens" psychisch stark belastet, seine positive Entwicklung werde gestört, sein Leistungsvermögen eingeschränkt.
G. lehne es insbesondere ab, beim Vater zu übernachten. Er leide unter einer Hausstaub- und Gräserallergie, die Wohnung müsse daher frei von Teppichen und Vorhängen sein, das Bett benötige spezielle Überzüge.
Die Mutter beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Umgang so zu regeln, dass er alle vier Wochen am Samstag von 10 bis 18 Uhr stattfindet.
Der Vater beantragt Beschwerdezurückweisung und trägt vor:
Durch das intensive Segeltraining habe sich G. immer mehr von ihm entfernt. Die Mutter habe die Ferien des Sohnes, u.a. mit Segelreisen und -training, so organisiert, dass für einen Urlaub mit ihm keine Zeit bleibe. Sie habe G. das Umgangsverfahren betreffende Schriftsätze zum Lesen gegeben und schließlich die Gewährung von Umgang auch von finanziellen Zugeständnissen abhängig gemacht.
Er bezweifle, dass G. schon so selbständig sei, dass er im Hinblick auf den Umgang seinen eigenen Willen formulieren und vertreten könne, zumal er von der Mutter nachhaltig beeinflusst werde. Soweit er mit G. allein sei, erlebe er ihn entspannt und psychisch unbeeinträchtigt.
Wegen des Weiteren Vorbringens der Beteiligten zu 1. und 2. wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat durch Beschluss vom 30.4.2009 Frau H. zur Verfahrenspflegerin bestellt. Am 18.6.2009 hat er die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.- Psych..M. D... beschlossen. Durch einstweilige Anordnung vom selben Tag hat der Senat die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt und Umgang an jedem ersten und dritten Samstag und Sonntag eines Monats, jeweils von 10 bis 18 Uhr, also ohne Übernachtung, geregelt.
Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen D. vom 7.12.2009, die Berichte des Jugendamts des Landkreises ... vom 21.8.2008 und 2.6.2009 sowie die Stellungnahmen der Verfahrenspflegerin vom 9.6.2009 und 19.4.2010 wird Bezug genommen.
Der Senat hat ferner die beteiligten Eltern, ihren Sohn G. und die Verfahrenspflegerin angehört, der Sachverständige hat sein Gutachten im Termin vom 29.4.2010 erläutert und ergänzt. Auf den Berichterstattervermerk vom 16.6.2009 und den Anhörungsvermerk vom 29.4.2010 wird verwiesen.
II. Das vorliegende Verfahren ist vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden, so dass das bis dahin geltende Verfahrensrecht anzuwenden ist, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Die Beschwerde der Ant...