Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Lebensversicherung als verwertbares Vermögen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Rückkaufwert einer Kapitallebensversicherung zählt grundsätzlich zum verwertbaren Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO (Festhaltung an Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 01. Februar 2019 - 13 WF 13/19 -, = FuR 2019, 476).
2. Dabei ist grundsätzlich auch die Beleihung durch ein Policendarlehen zumutbar und vom Beteiligten konkret darzulegen, dass seine Versicherungsgesellschaft diese Möglichkeit nicht anbietet und die Police auch nicht bei einem Drittanbieter beliehen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Juni 2010 - XII ZB 55/08 -, Rn. 27, juris).
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Aktenzeichen 31 F 144/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 16.07.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für eine Ehescheidungssache.
Das Amtsgericht hat den Antrag wegen nicht feststellbarer Bedürftigkeit zurückgewiesen.
2. Die nach §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Verfahrenskostenhilfe kann der Antragsgegnerin nicht gewährt werden, weil sie nicht dargelegt hat, dass sie trotz Einsatzes ihres Einkommens oder Vermögens außerstande wäre, die Kosten der Verfahrensführung aufzubringen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 S. 1, 115 Abs. 1 S 2 ZPO).
Der Rückkaufwert der Lebensversicherung bei der S..., die die Antragstellerin entgegen den Ausfüllhinweisen in der Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Punkt G gänzlich unerwähnt gelassen hat (3 VK), zählt, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, grundsätzlich zum verwertbaren Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO, das einzusetzen ist, soweit es das sogenannte Schonvermögen im Sinne von § 90 SGB XII übersteigt, wie hier bei einem Rückkaufswert von 9.493,73 EUR (21 VK). Mit seinem Verweis auf die Möglichkeit einer Beleihung der Versicherungspolice zur Bestreitung der zu erwartenden Verfahrenskosten befindet sich das Amtsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Juni 2010 - XII ZB 55/08 -, Rn. 25 ff., juris), der der Senat folgt (vgl. Senat, Beschluss vom 01. Februar 2019 - 13 WF 13/19 -, Rn. 8, juris).
Die Antragsgegnerin hat auch mit der Beschwerde zu den Bedingungen eines solchen Policendarlehens, das kostenmäßig günstiger ist als ein Bankkredit, weil die Versicherungsgesellschaft praktisch nur eine Vorauszahlung auf die Versicherungsleistung gewährt, also kein Kreditausfallrisiko trägt, und bei dem in Betracht kommen kann, auch die Kosten der Beleihung der Police zu entnehmen, nichts ausgeführt, obwohl sie konkret darzulegen hat, dass ihre Versicherungsgesellschaft diese Möglichkeit nicht anbietet und die Police auch nicht bei einem Drittanbieter beliehen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Juni 2010 - XII ZB 55/08 -, Rn. 27, juris). Hier lässt sich das Fehlen einer Abschlussbereitschaft mangels Einholung jeglichen Angebots weder bei der S... noch bei Drittanbietern feststellen. Ihr ohnedies auf Ausforschung gerichteter Vortrag zu einer angeblichen Kreditunwürdigkeit liegt in Ansehung der oben dargestellten Kreditrisikostruktur deutlich neben der Sache.
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 14116277 |
FuR 2021, 48 |
FF 2020, 465 |