Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert der Ehesache bei ratenfreier Prozesskostenhilfe für beide Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert der Ehesache übersteigt, wenn beiden Ehegatten ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, den gesetzlichen Mindeststreitwert von 2.000 EUR (bzw. früher 4.000 DM) nicht. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ist es folgerichtig, in Fällen, in denen nur einer Partei Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt worden ist, den Wert für die Ehesache ohne Berücksichtigung des Einkommens der Partei, welche die Prozesskostenhilfe erhalten hat, festzusetzen.
Normenkette
GKG § 12 a.F.
Verfahrensgang
AG Strausberg (Beschluss vom 16.02.2005; Aktenzeichen 2 F 950/03) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig. Da die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsstellers die Beschwerde damit begründet, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der Partei eingelegt hat (OLG Brandenburg JurBüro 1998, 421; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 32 RVG Rz. 14). Das Beschwerderecht folgt mit Rücksicht darauf, dass das Rechtsmittel nach dem 1.7.2004 eingelegt worden ist, aus § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 GKG n.F., vgl. § 72 GKG n.F. (Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 32 RVG Rz. 22).
Die Beschwerde ist unbegründet. Das AG hat den Wert für die Ehesache zutreffend auf 3.690 EUR festgesetzt.
Da das Scheidungsverfahren vor dem 1.7.2004 anhängig geworden ist, gilt hinsichtlich der Wertberechnung § 12 Abs. 2 S. 1, 2 GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung, vgl. § 72 GKG n.F. Danach ist der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insb. des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen, wobei für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen ist. Der Wert darf nicht unter 2.000 EUR angenommen werden, § 12 Abs. 2 S. 4 Halbs. 2 GKG a.F.
Wird beiden Ehegatten Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt, soll dies nach einer Auffassung für die Bemessung des Streitwerts in Ehesachen grundsätzlich ohne Belang sein, insb. die Annahme nur des Mindestwertes nicht rechtfertigen (KG v. 2.10.2003 - 3 WF 335/03, KGReport Berlin 2003, 384; OLG Celle v. 21.3.2002 - 10 WF 44/02, OLGReport Celle 2002, 153; OLG Hamburg v. 24.7.2000 - 10 WF 17/00, OLGReport Hamburg 2000, 437; v. 3.3.2003 - 12 WF 23/03, OLGReport Hamburg 2003, 252 = MDR 2003, 830 = FamRZ 2003, 1681; OLG Hamm v. 24.5.2004 - 7 WF 80/04, OLGReport Hamm 2004, 227; OLG Karlsruhe v. 14.12.2001 - 5 WF 190/01, OLGReport Karlsruhe 2002, 223 = FamRZ 2002, 1135; AGS 2003, 515; OLG Koblenz v. 17.12.2003 - 13 WF 933/03, OLGReport Koblenz 2004, 127; OLG München v. 27.6.2001 - 16 WF 662/01, FamRZ 2002, 683; OLG Oldenburg AGS 2002, 231; OLG Schleswig v. 8.4.2003 - 13 WF 59/03, OLGReport Schleswig 2003, 272; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2004, 195, Rechtsprechung hier wie im Folgenden zitiert nach Juris; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 12 GKG/§ 3 ZPO/Anhang I Rz. 32; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Anhang § 3 Rz. 32; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 34; Madert/Müller/Rabe, Kostenhandbuch Familiensachen, Rz. 18; Praxishandbuch Familienrecht/Neidhardt, R 17; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Keske, 5. Aufl., 17. Kap., Rz. 24). Nach anderer Ansicht übersteigt der Streitwert der Ehesache, wenn beiden Ehegatten ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, den gesetzlichen Mindeststreitwert von 2.000 EUR (bzw. früher 4.000 DM) nicht (OLG Düsseldorf EzFamR aktuell 2003, 270; OLG Hamburg EzFamR aktuell 2000, 205; OLG Hamm v. 6.2.2004 - 11 WF 17/04, OLGReport Hamm 2004, 191 = FamRZ 2004, 1297; FamRZ 2004, 1664; OLG Schleswig v. 4.3.2004 - 8 WF 42/04, OLGReport Schleswig 2004, 306; OLG Stuttgart AGS 2001, 12; v. 25.1.2000 - 18 WF 579/99, OLGReport Stuttgart 2000, 170 = FamRZ 2000, 1518; Anders/Gehle/Kuntze, Streitwertlexikon, 4. Aufl., "Ehesachen", Rz. 2, 7; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 1169 ff.; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rz. 16 "Ehesachen"; Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 3 Rz. 25 "Ehesachen"; Schneider, MDR 1985, 353 [354]; Schneider, Anm. zu OLG Hamm, KoGsp GKG, § 12 Nr. 85). Durch Beschl. v. 5.4.2005 hat sich der Senat der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Zur Begründung hat er angeführt:
Die ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe zeigt an, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien im untersten wirtschaftlichen Bereich bewegen und deshalb der Mindeststreitwert von 2.000 EUR regelmäßig angemessen ist (so auch Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rz. 16). Da der Umstand der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 12 Abs. 2 S. 1 GKG a.F. in jedem Fall als Bewertungsfaktor z...