Leitsatz (amtlich)

1. Das Bestimmungsrecht des § 1612 Abs. 2 BGB ist ein Gestaltungsrecht, welches durch empfangsbedürftige Willenserklärung auszuüben ist. Entscheidend ist, wie die (Bestimmungs)-Erklärung vom Empfänger bei unbefangener Würdigung nach Treu und Glauben aufgefasst werden musste.

2. Steht das Sorgerecht nur einem Elternteil zu, so ist dieser auch alleiniger Inhaber des Bestimmungsrechts des § 1612 Abs. 2 BGB.

3. § 1612 Abs. 2 S. 3 BGB ermächtigt den nicht sorgeberechtigten Elternteil nicht im Verhältnis zu dem alleinsorgeberechtigten anderen Elternteil.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Aktenzeichen 34 F 125/02)

 

Tenor

1. Der Antrag der Beklagten und Berufungsklägerin vom 12.8.2003 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen gem. § 522 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen. Es wird der Beklagten insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von Juli 2001 bis März 2002.

Der am 15.12.1987 geborene Kläger ist der nichteheliche Sohn der Beklagten, die für ihn die elterliche Sorge allein ausübt. Seit der Trennung der Beklagten von dem Vater des Klägers lebt der Kläger bei seinem Vater in dem diesem und der Beklagten jeweils zur Hälfte gehörenden Einfamilienhauses, der vormaligen Partnerschaftswohnung. Im Zuge der Trennung bezog die Beklagte eine eigene Wohnung, innerhalb derer ein eigenes Zimmer für den Kläger zur Verfügung stand. Das Haus hat eine Wohnfläche von 94 m⊃2&/sup;. Der weitere minderjährige Sohn S wohnt im Haushalt der Beklagten.

Mit Schreiben vom 26.6.2001 forderte der Vater des Klägers die Beklagte im Rahmen der persönlichen und vermögensrechtlichen Auseinandersetzung anlässlich ihrer Trennung zur Zahlung von Unterhalt für den Kläger auf (Bl. 5 d.A.). Im Zuge dessen erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 19.7.2001 u.a., dass sie für den Kläger 420 DM monatlich an den Vater zu zahlen habe (Bl. 79 d.A.). In einem weiteren Schreiben vom 3.9.2001 verweigerte die Beklagte sodann jegliche Unterhaltsleistung an den Kläger (Bl. 80 ff., dort S. 2 des Schreibens, Bl. 81 d.A.).

Der Kläger hat ursprünglich die Zahlung von rückständigem Unterhalt für die Zeit von Juli 2001 bis einschl. März 2002 i.H.v. 2.384,43 Euro sowie von laufendem Unterhalt für die Zeit ab April 2002 i.H.v. 123,92 % des Regelbetrages (Ost) abzgl. anteiligen Kindergeldes gefordert. In der mündlichen Verhandlung vom 27.3.2003 vor dem AG haben die Parteien den Antrag hinsichtlich des laufenden Kindesunterhalts übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 85 f. d.A.) und i.Ü. streitig verhandelt.

Mit dem am 5.6.2003 verkündeten Urteil hat das AG antragsgemäß die Beklagte zur Zahlung eines rückständigen Unterhalts für die Zeit von Juli 2001 bis März 2002 i.H.v. 2.384,43 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, für deren Durchführung sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt.

II. Die begehrte Prozesskostenhilfe war der Beklagten zu versagen, da für die Durchführung der Berufung nach derzeitigem Stand keine Aussicht auf Erfolg besteht, §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO. Es kommt daher nicht darauf an, dass die Bedürftigkeit der Beklagten auf Grund der bislang noch ausstehenden Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht abschließend überprüft werden kann.

1. Der Unterhaltsanspruch des Klägers folgt aus den §§ 1601 ff. BGB. An seiner grundsätzlichen Bedürftigkeit bestehen keine Bedenken. Es bestehen ebenfalls keine Bedenken daran, dass die Beklagte dem bei seinem Vater wohnenden Kläger im Grundsatz Barunterhalt gem. dem Tenor der angefochtenen Entscheidung des AG, dessen Berechnungen zur Höhe des Unterhaltanspruchs zwischen den Parteien unstreitig sind, schuldet.

2. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe den geschuldeten Unterhalt im Wege der Zurverfügungstellung von Naturalunterhalt geleistet, entlastet sie dies von der bestehenden Barunterhaltsverpflichtung nicht.

Nach § 1612 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Unterhalt grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Ist jedoch einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können die Eltern bestimmen, in welcher Art (Bar- oder Naturalunterhalt) und in welcher Zeit im voraus der Unterhalt gewährt werden soll, § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB. Soweit sich dabei § 1612 Abs. 2 BGB auf minderjährige Kinder bezieht, knüpft das Bestimmungsrecht als Teil der Personensorge (§ 1631 Abs. 1 BGB) an die Inhaberschaft der elterlichen Sorge an.

Danach steht der alleinsorgeberechtigten Beklagten grundsätzlich das Recht zu, über die Art der Unterhaltsgewährung zu bestimmen, insb. durch Zurverfügungstellung von Kost und Logis Naturalunterhalt zu leisten. Steht das Sorgerecht nur einem Elternteil zu, so trifft dieser die den Unterhalt betreffenden Entscheidungen grundsätzlich allein (Pala...

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