Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung eines im Mai 2006 geschlossenen Prozessvergleichs; Befristung des nachehelichen Unterhalts
Leitsatz (amtlich)
Zur Vorhersehbarkeit von Gründen i.S.v. § 1578b BGB bei Unterhaltstiteln, die vor dem 1.1.2008 errichtet worden sind.
Normenkette
BGB § 1578b; FamFG § 238 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 06.04.2011; Aktenzeichen 35 F 163/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 23.5.2011 gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 6.4.2011 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
3. Der Beschwerdewert beträgt 1.200 EUR.
Gründe
I. Die in zulässiger Weise gem. §§ 58 ff. FamFG eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.
1. Die durch das AG im Wege der Abänderung vorgenommene Befristung der Vereinbarung der Beteiligten vom 8.5.2006 entspricht den Voraussetzungen des § 1578b BGB. Danach ist der Unterhalt herabzusetzen oder zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB).
Dass keine fortwirkenden ehebedingten Nachteile vorliegen, stellt auch der Antragsgegner im Rahmen der Beschwerde nicht in Frage. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass fortwirkende eheliche Nachteile schon zur Zeit des Vergleichsabschlusses nicht erkennbar sind und auch nicht durch die Beteiligten dargelegt wurden. Im Übrigen ist weder erkennbar noch durch den Antragsgegner dargetan, dass sein zur Zeit des Vergleichsabschlusses geringeres Einkommen darauf beruhte, dass er aufgrund der Gestaltung der Ehe in beruflicher Hinsicht im Nachteil gewesen ist.
Angesichts einer Ehedauer von rd. 26,5 Jahren (die Ehe wurde im November 1979 geschlossen, die Scheidung am 8.5.2006 rechtskräftig), der Tatsache, dass die Trennung in 2001 erfolgte und seither sowohl Trennungs- als auch nachfolgend nachehelicher Unterhalt an den Antragsgegner geleistet wurde und dass die Ehescheidung bereits in 2001 anhängig wurde, erscheint es auch angemessen, dass die Befristung auf fünf Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung (damit 8.5.2011) angesetzt wird.
Daran ändert auch nichts, dass der Antragsgegner mittlerweile Altersrentner ist. Zwar beschränkt sich die bei der Befristung und Herabsetzung des Unterhalts anzustellende Billigkeitsabwägung nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile, sondern hat darüber hinaus die vom Gesetz geforderte nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (BGH NJW 2011, 2512). Der Antragsgegner erhält jedoch aus seiner Altersrente rd. 950 EUR monatlich und hat daher ausreichend Geld zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung. Soweit noch zu berücksichtigen ist, dass der Antragsgegner zum weiterem Aufbau von Altersvorsorgebezügen bzw. hinsichtlich weiterer Einkünfte unter Beachtung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage ist, steht dem aber das gleichrangige Interesse der Antragstellerin, nicht fortlaufend mit Unterhaltszahlungen über Gebühr belastet zu werden, entgegen. Zudem ist es nicht zulässig, von einer Unterhaltsbefristung nur deswegen abzusehen, um altersversorgungsbedingte Nachteile auszugleichen - dafür dient vielmehr der Versorgungsausgleich - oder gar den Einsatzzeitpunkt für den Altersunterhalt zu wahren (BGH NJW 2011, 2512; BGH FamRZ 2008, 1508). Insoweit erscheint es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen angemessen, die Befristung auf fünf Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung anzusetzen.
2. Dem steht auch ferner nicht entgegen, dass nach den Angaben des Antragsgegners sein damaliger Unterhaltsanspruch tatsächlich monatlich 200 EUR (Schriftsatz vom 11.11.2010, dort S. 4, Bl. 26) bzw. monatlich 250 EUR (laut Beschwerdebegründung) anstelle der vereinbarten 100 EUR (Bl. 7R) betragen hätte und insoweit bereits ein Nachgeben seinerseits zu verzeichnen sei.
Ob die von ihm behauptete Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs tatsächlich zutrifft, kann hier mangels ausreichenden Sachvortrages schon nicht nachvollzogen werden. Insbesondere ist allein das Nettoeinkommen der Antragstellerin von rd. 1.640 EUR bekannt für die Zeit des Vergleichsabschlusses. Ob es insoweit aus unterhaltrechtlicher Sicht zu einer weitergehenden Bereinigung auf ihrer Seite gekommen ist, ist durch den Antragsgegner insoweit nicht näher dargetan worden. Die Grundlagen der Vereinbarung selbst sind im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.5.2006 vor dem AG Tempelhof-Kreuzberg nicht festgehalten worden.
Darüber hinaus wäre zu berücksichtigen,...