Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Ausstellung und Hinausgabe des Empfangsbekenntnisses gilt das übersandte Urteil als zugestellt, woran auch die spätere Rücksendung der Urteilsausfertigung nichts ändert.
2. Die der Zustellung des Urteils zeitlich nachfolgende Berichtigung gem. § 319 ZPO hat auf den Lauf der Berufungsfrist regelmäßig keine Auswirkungen, soweit nicht erst die berichtigte Entscheidung die Beschwer oder die Rechtsmittelfähigkeit erkennen lässt.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Urteil vom 23.10.2003; Aktenzeichen 97 F 131/03) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten vom 28.11.2003 gegen das Urteil des AG Cottbus vom 23.10.2003 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses v. 11.11.2003 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 13.124,26 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und seine Verurteilung zur Zahlung von Regelunterhalt ab ihrer Geburt.
Nach Einholung eines genetischen Abstammungsgutachtens des Sachverständigen Dr. K vom 14.8.2003 hat das AG durch Urt. v. 23.10.2003 die Vaterschaft des Beklagten festgestellt und ihn beginnend ab September 1997 zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. 100 % des Regelbetrages nach § 2 der Regelbetragsverordnung der jeweiligen Altersstufe abzgl. des jeweils anrechenbaren Kindergeldanteils mit nachfolgender, nach Zeiträumen zusammengefasster Bezifferung der Zahlbeträge verurteilt. Aufgrund von Fehlern bei den Jahresangaben und einer unterbliebenen Monatsangabe schlossen sich die Zeiträume formal nicht in allen Fällen aneinander an.
Das Urteil ist dem Beklagten ausweislich des in der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses (Bl. 76 d.A.) am 29.10.2003 zugestellt worden. Die vorgenannten Fehler hat das AG auf entsprechenden Antrag der Klägerin durch Berichtigungsbeschluss nach § 319 ZPO am 11.11.2003 berichtigt. Der Beklagtenvertreter ist am 11.11.2003 schriftlich zur Rückgabe der zugestellten Urteilsausfertigung aufgefordert worden. Nach deren Eingang, der mit einem anwaltlich unterzeichneten Hinweis auf das Nichtvorliegen eines Berichtigungsbeschlusses erfolgte, ist die Urteilsausfertigung mit dem Berichtigungsbeschluss verbunden und dem Beklagten unter dem 21.11.2003 erneut zugestellt worden (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 95 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 28.11.2003 hat der Beklagte am Folgetag gegen das "am 21.11.2003 zugestellte Urteil" Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist bislang beim Brandenburgischen OLG nicht eingegangen.
II. Die mit Schriftsatz vom 28.11.2003 eingelegte Berufung des Beklagten war gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO mangels fristgemäßer Berufungsbegründung als unzulässig zu verwerfen. Die Frist zur Begründung der Berufung beträgt nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Die maßgebliche Zustellung erfolgte vorliegend am 29.10.2003. Die Frist zur Berufungsbegründung lief mithin am 29.12.2003 ab, ohne dass bis dahin zumindest ein Fristverlängerungsantrag bei Gericht eingegangen wäre.
Entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters war für den Fristbeginn nicht auf das Datum der zweiten Zustellung am 21.11.2003 abzustellen, da die erste Zustellung wirksam war und die spätere Zustellung des mit einem Berichtigungsbeschluss verbundenen Urteils die Frist zur Begründung der Berufung nicht erneut in Gang setzt.
Die Ausstellung und Hinausgabe eines Empfangsbekenntnisses begründet die Vermutung, dass der Prozessbevollmächtigte die Urteilsausfertigung als zugestellt annehmen wollte (BGH NJW-RR 1993, 1312). Eine wirksame Zustellung entfällt auch nicht aufgrund der späteren Zurücksendung der Urteilsausfertigung. Für die Wirksamkeit der Zustellung ist allein der Zugang des Schriftstückes, nicht sein Verbleib entscheidend. Die spätere Rückgabe der Ausfertigung an das Gericht berührt die Wirksamkeit der Zustellung nicht (BGH NJW-RR 1993, 1213 [1214] m.w.N.).
Die spätere Berichtigung hindert auch nicht den Lauf der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 319 ZPO grundsätzlich keinen Einfluss auf Beginn und Lauf von Rechtsmittelfristen (BGH v. 24.6.2003 - VI ZB 10/03, MDR 2003, 1128 = BGHReport 2003, 1104 = FamRZ 2003, 1380; NJW-RR 1993, 1312 f.). Den Parteien wird zugemutet, in ihrer Entschließung zur Einlegung eines Rechtsmittels die offenbare Unrichtigkeit der Entscheidung zu berücksichtigen. Die Berichtigung wirkt grundsätzlich auf den Verkündungszeitpunkt zurück, sodass die berichtigte Entscheidung als verkündet fingiert wird (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 517 Rz. 6).
Eine neue Rechtsmittelfrist hätte dementsprechend ausnahmsweise nur dann mit der Bekanntgabe des Berichtigungsbeschlusses zu laufen begonnen, wenn eine sog. "Berichtigungsbe-schwer", wie im Falle der Urteilsergänzung nach den §§ 321, 518 ZPO, vorliegen würde. Das wäre dann der Fall, wenn ein Erg...