Entscheidungsstichwort (Thema)
Sorgerechtsverfahren: Kostenerstattung nach Rücknahme eines Sorgerechtsantrages wegen eines bei einem anderen Gericht anhängigen Antrages auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein der Umstand, dass der Antragsteller seinen Antrag zurückgenommen hat, stellt noch nicht zwangsläufig einen ausreichenden Grund für die Kostenerstattung gemäß § 13a Abs. 1 S. 1 FGG dar.
2. Die Anrufung des unzuständigen Gerichts kann die Kostenerstattung gemäß § 13a Abs. 1 S. 1 FGG auslösen.
Normenkette
FGG § 13a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 03.04.2007; Aktenzeichen 21 F 27/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 3.4.2007 - Az. 21 F 27/07 - dahingehend abgeändert, dass die Antragstellerin die dem Antragsgegner entstandenen Kosten zu erstatten hat.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 600 EUR.
Gründe
1. Die Beteiligten sind - nicht miteinander verheiratete, aber gemäß Erklärung vom 17.6.2003 gemeinsam sorgeberechtigte - Eltern der am ... 2003 in U. geborenen C. A. In Kenntnis eines bei dem AG Ulm zum Az. 1 F 962/06 anhängigen Verfahrens über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsame Tochter hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16.2.2007 bei dem AG Bad Liebenwerda die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf sich beantragt. Nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 6.3.2007 die Unzulässigkeit des Antrages wegen doppelter Rechtshängigkeit gerügt und das AG Ulm mit richterlicher Verfügung vom 16.2.2007 auf dessen fortbestehende Zuständigkeit hingewiesen hat, hat die Antragstellerin ihren Antrag mit Schriftsatz vom 30.3.2007 zurückgenommen.
Mit Beschluss vom 3.4.2007 hat das AG Bad Liebenwerda gestützt auf §§ 13a FGG, 94 KostO die Gerichtskosten den Kindeseltern hälftig auferlegt und ferner angeordnet, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet.
Gegen diesen ihm am 16.4.2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit einem am 30.4.2007 beim AG Bad Liebenwerda eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er erreichen will, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
2. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist gem. §§ 20a Abs. 2, 21 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1 FGG zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
a) Eine Regelung hinsichtlich der Gerichtsgebühren war im Streitfall nicht veranlasst. Die Vorschrift des § 94 Abs. 1 Nr. 4 KostO bestimmt, dass lediglich für die "Übertragung" der elterlichen Sorge bzw. von Teilbereichen davon eine (volle) Gebühr erhoben wird. Diese Voraussetzung liegt nur dann vor, wenn das Gericht in eine sachlichrechtliche Prüfung der Antragsvoraussetzungen eingetreten ist und eine abschließende Sachentscheidung in der Hauptsache ergangen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 94 Rz. 1). Daran fehlt es hier, weil die Antragstellerin das Hauptsacheverfahren durch Antragsrücknahme beendet hat. Für diesen Fall bleibt es bei dem Grundsatz der Gebührenfreiheit nach § 91 KostO.
b) Für die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von dem Grundsatz auszugehen, dass jeder seine Kosten selbst zu tragen hat und eine Erstattung nur dann anzuordnen ist, wenn dies nach dem Ermessen des Gerichts aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls entspricht (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG).
Zutreffend verweist das AG darauf, dass allein der Umstand, dass die Antragstellerin ihren Antrag zurückgenommen hat, noch nicht zwangsläufig einen ausreichenden Grund für die Kostenerstattung darstellt (vgl. Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 22 m.w.N.). Nach Auffassung des Senates liegen im Streitfall allerdings besondere Umstände vor, die es unter Billigkeitsaspekten gebieten, den Antragsgegner zu Lasten der Antragstellerin von seinen außergerichtlichen Kosten freizustellen.
Der Antragsgegner betont zu Recht, dass dem Antrag der Antragstellerin auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen und somit von vornherein kein Erfolg beschieden sein konnte. Selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin davon ausgehen wollte, dass auch die mangelnde Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der Antragstellung für sich allein noch nicht genügen kann, so liegen im Streitfall jedenfalls weitere besondere Gründe vor, abweichend von dem dargestellten Grundsatz eine Kostenerstattung anzuordnen. Die Anrufung des unzuständigen AG Bad Liebenwerda beruht nämlich nicht auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse. Die Antragstellerin war anwaltlich beraten und muss sich - dem auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mindestens entsprechend anwendbaren Rechtsgedanken des § 85 Abs. 2 ZPO folgend - die schuldhafte Unkenntnis der Sach- und Rechtslage ihres Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen. Ihr hies...