Entscheidungsstichwort (Thema)
Besondere Belastungen
Leitsatz (amtlich)
Der Umstand, dass in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO die entsprechende Anwendung von § 1610a BGB angeordnet ist, steht der Annahme nicht entgegen, dass Kreditverbindlichkeiten besondere Belastungen im Sinne der Vorschrift sein können.
Normenkette
ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Luckenwalde (Beschluss vom 20.11.2012; Aktenzeichen 31 F 390/12) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... in L. ratenfrei bewilligt.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Dem Antragsteller ist Verfahrenskostenhilfe ratenfrei zu bewilligen.
Entgegen der Auffassung des AG verfügt der Antragsteller über kein einzusetzendes Einkommen gem. § 115 Abs. 1, 2 ZPO. Insoweit wird Bezug genommen auf die Beschlüsse in den Parallelverfahren vom 5.11.2012 (3 WF 115/12), vom 8.1. und 1.3.2013 (3 WF 131/12).
In jenen Beschlüssen hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass es für die Frage, inwieweit Darlehensverbindlichkeiten bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens abzugsfähig sind, nicht auf die sozialrechtlichen Vorschriften ankommt. Vielmehr findet sich für die Verfahrenskostenhilfe über die Verweisung in § 76 Abs. 1 FamFG eine Spezialvorschrift in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO. Danach sind vom Einkommen abzusetzen weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a BGB gilt entsprechend. Aufgrund dieser Vorschrift sind insbesondere monatliche Kosten für Darlehenstilgungen abzugsfähig, wenn die ihnen zugrunde liegende Kreditaufnahme vor Verfahrensbeginn erfolgt und die Höhe der Zins- und Tilgungsraten angemessen ist (BSG, Beschl. v. 3.11.2011 - B 1 KR 10/11 BH; s. auch BGH NJW-RR 1990, 450; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rz. 36 ff.; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl., Rz. 286; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rz. 147.
Entgegen der vom AG in der Nichtabhilfeentscheidung vom 18.3.2013 geäußerten Auffassung steht der Umstand, dass in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO die entsprechende Anwendung von § 1610a BGB angeordnet ist, der Annahme nicht entgegen, dass Kreditverbindlichkeiten besondere Belastungen im Sinne der Vorschrift sein können. Die Vorschrift des § 1610a BGB hat nur Bedeutung, soweit ein bedürftiger Beteiligter wegen Körper- oder Gesundheitsschadens Sozialleistungen erhält. Im Rahmen der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe hat dies zur Folge, dass der behinderungsbedingte Mehrbedarf vom Antragsteller nicht mehr nachgewiesen werden muss (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a.a.O., Rz. 282).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 5672395 |
FamRZ 2014, 963 |