Tenor

Auf die Beschwerde der Eltern wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Potsdam vom 19.11.2020 - 440 F 337/20 - hinsichtlich der Kostenentscheidung dahin abgeändert, dass Gerichtskosten für das erstinstanzliche Verfahren nicht erhoben werden.

Für das Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Eltern hatten unter dem 04.11.2020 die familiengerichtliche Genehmigung der geschlossenen Unterbringung ihrer minderjährigen Tochter nach § 1631b Abs. 1 S. 1 BGB beantragt. Mit Schreiben vom 05.11.2020 hat das ... Fachklinikum B..., in der die Minderjährige aufgrund akuter Gefährdung bereits untergebracht war, den Antrag der Eltern unterstützt und um "unmittelbare Entscheidung" gebeten. Das Amtsgericht hat den zuständigen Chefarzt am 06.11.2020 fernmündlich darauf hingewiesen, dass für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ein neuer Antrag der Eltern notwendig sei. Die Eltern haben unter dem 10.11.2020 einen entsprechenden Antrag gestellt - 440 F 341/20 AG Potsdam -, dem das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.11.2020 stattgegeben hat. Von der Erhebung von Gerichtskosten hat das Amtsgericht in jener Entscheidung zu Recht abgesehen. Nachdem die Minderjährige auf ärztliche Veranlassung am 16.11.2020 die geschlossene Abteilung verlassen durfte, und nach Rücksprache mit der im Hauptsacheverfahren bestellten Verfahrensbeiständin haben die Eltern mit Schriftsatz vom 16.11.2020 ihren Antrag vom 04.11.2020 zurückgenommen. Das Amtsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 19.11.2020 festgestellt, dass das Verfahren erledigt sei, und die Gerichtskosten den Eltern je zur Hälfte auferlegt. Hiergegen wenden sich die Eltern mit der Beschwerde.

II. Die Beschwerde der Eltern gegen die Kostenentscheidung ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Sie hat in der Sache Erfolg.

Die Eltern beanstanden zu Recht, dass das Amtsgericht ihnen die Gerichtskosten des Verfahrens auferlegt hat.

Gemäß § 81 Abs. 1 S. 3 FamFG ist in Familiensachen stets eine Kostenentscheidung zu treffen, wobei das Gericht nach Erledigung des Hauptsacheverfahrens über die Kosten in entsprechender Anwendung des § 81 FamFG nach billigem Ermessen zu entscheiden hat (§ 83 Abs. 2 FamFG). Ob eine vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Ermessensentscheidung vom Beschwerdegericht nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüft werden darf (so BGH, FamRZ 2007, 893; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur NJOZ 2016, 1026; OLG Schleswig, FamRZ 2014, 963; OLG Hamm, FamRZ 2012, 1829; Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 81, Rdnr. 81 a; Prütting/Helms/Feskorn, FamFG, 3. Aufl., § 81, Rdnr. 36) oder ob dem Beschwerdegericht als zweiter Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensausübung obliegt (so jetzt BGH, NJW-RR 2016, 1478; FamRZ 2013, 1876, Rdnr. 23; NJW 2011, 3654, Rdnr. 26 ff.), kann hier dahinstehen. Da die angefochtene Entscheidung keine Ermessensausübung erkennen lässt, ist der Senat gehalten, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, die zu einer Abänderung der vom Amtsgericht getroffenen Kostenentscheidung führt.

In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen das vorliegende Verfahren gehört, entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, die Beteiligten, deren widerstreitende Interessen Gegenstand und Anlass des gerichtlichen Verfahrens bilden, paritätisch mit den Gerichtskosten zu belasten (vgl. z.B. KG, FamRZ 2012, 1162; OLG Frankfurt, FamRZ 2013, 1979; OLG Nürnberg, FamRZ 2010, 998; OLG Karlsruhe, OLGReport 2005, 216; OLG Frankfurt, FamRZ 1994, 253; ebenso Bumiller/Harders, FamFG, 10. Aufl., § 81, Rdnr. 8, Rdnr. 11; Feskorn, FPR 2012, 254, 255). In Verfahren, in denen die Eltern, wie im vorliegenden Verfahren, keine eigenen Interessen verfolgen, ist es jedoch nicht gerechtfertigt, ihnen Kosten aufzuerlegen (Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 81 FamFG, Rn. 6). Insbesondere ist auch zu berücksichtigen, dass die Eltern nach Rücksprache mit der Klinik sowie der Verfahrensbeiständin, unmittelbar nachdem die geschlossene Unterbringung der Minderjährigen nicht mehr notwendig war, ihren Antrag unverzüglich zurückgenommen haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG.

Die Festsetzung eines Verfahrenswertes ist nicht veranlasst, da für das Beschwerdeverfahren keine wertabhängigen Gerichtskosten erhoben werden (vgl. Nr. 1912 KV FamGKG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14577174

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