Tenor
Funktionell zuständig ist die - nach näherer Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans zur Entscheidung berufene - allgemeine Zivilkammer des Landgerichts Potsdam.
Gründe
I. Die Kläger nehmen den Beklagten, einen Bauunternehmer, aus einem Kaufvertrag über ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück vom 28.2.2020 auf Schadensersatz in Höhe von 93.000 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Die mit der Klage zunächst befasste 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam hat sich durch Beschluss vom 25.6.2021 für funktionell unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an die 1. Zivilkammer verwiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass keine Bausache nach § 72a Abs. 1 Nr. 2 GVG vorliege, da nach dem Vertrag der Parteien nicht Bauarbeiten zu planen, durchzuführen oder zu überwachen gewesen seien.
Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam hat unter dem 2.8.2021 Hinweise zur Frage der funktionellen Zuständigkeit erteilt, zu denen die Parteien sich mit Schriftsätzen vom 4.8.2021 und 23.8.2021 geäußert haben.
Durch Beschluss vom 4.11.2021 hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam sich ebenfalls für funktionell unzuständig erklärt und die Sache dem Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.
II. Auf die Vorlage durch die 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam ist die funktionelle Zuständigkeit der allgemeinen Zivilkammer des Landgerichts Potsdam für den vorliegenden Rechtsstreit auszusprechen.
1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht über den vorliegenden Zuständigkeitsstreit zu entscheiden. Die Regelung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist nach allgemeiner Auffassung auf Fälle wie den vorliegenden, in denen mehrere Spruchkörper desselben Gerichts um ihre Zuständigkeit streiten und die Entscheidung dieses Kompetenzkonflikts nicht von der Auslegung des Geschäftsverteilungsplans, sondern von einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung wie der des § 72a Abs. 1 Nr. 6 GVG abhängt, entsprechend anzuwenden (Senat, Beschluss vom 17.5.2021, 1 AR 20/21 (SA Z); BayObLG, Beschluss vom 15.9.2020, 101 AR 99/20, zitiert nach juris; KG, Beschluss vom 22.3.2018, 2 AR 11/18, zitiert nach juris; OLG Nürnberg, MDR 2018, 1015, 1016; OLG Hamburg, Beschluss vom 12.10.2018, 6 AR 17/18, zitiert nach juris; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 36 Rn. 39; MünchKomm./Patzina, ZPO, 6. Aufl. § 36 Rn. 6; jeweils m.w.N.).
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl die 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam als auch die 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, und zwar Erstere durch den Beschluss vom 25.6.2021 und Letztere durch den Beschluss vom 4.11.2021. Beide Entscheidungen genügen den Anforderungen, die an das Merkmal rechtskräftig im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler: Senat NJW 2004, 780; Zöller/Schultzky, a.a.O., § 36, Rn. 34 f.).
3. Nachdem im Anschluss an die Übersendung der Beschlussfassung 6. Zivilkammer vom 25.6.2021 die 1. Zivilkammer unter den 2.8.2021 Hinweise zur funktionellen Zuständigkeit gegeben und die Parteien sich dazu schriftsätzlich geäußert haben, ist - im Ergebnis - ein hinreichendes rechtliches Gehör zu dieser Thematik gewährt worden.
4. Eine Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 25.6.2021 ist nicht eingetreten, da auf Abgaben und Verweisungen im Zusammenhang mit § 72a GVG die Vorschriften des § 281 ZPO weder direkt noch analog anwendbar sind und eine dem § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entsprechende Vorschrift fehlt (KG, Beschluss vom 15.3.2021, 2 AR 11/21, zitiert nach juris; OLG München, Beschluss vom 7.2.2019, 34 AR 114/18, zitiert nach juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 6.8.2018, 6 AR 10/18, zitiert nach juris; Zöller,/Greger, a.a.O., § 281, Rn. 4).
5. Funktionell zuständig ist die allgemeine Zivilkammer des Landgerichts, da entgegen der Ansicht der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam keine Bausache nach § 72a Abs. 1 Nr. 2 GVG vorliegt.
Der Begriff der Bausache im Sinne dieser Vorschrift ist weit auszulegen und erfasst - ungeachtet der typologischen Einordnung des Vertrags als Dienst-, Werk-, Werklieferungs- oder entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag - alle Verträge, durch die sich eine Partei des Vertrags zur Planung, Durchführung oder Überwachung von Bauarbeiten verpflichtet und mindestens ein Vertragspartner als Bauunternehmer, Architekt oder sonst berufsmäßig mit der Planung oder Ausführung von Bauarbeiten befasste Person in dieser Eigenschaft auftritt (Senat, Beschluss vom 10.9.2021, 1 AR 37/21 (SA Z); OLG Rostock, Beschluss vom 17.5.2021, 2 UH 1/21, zitiert nach juris; KG, Beschluss vom 25.2.2021, 2 AR 7/21, zitiert nach juris; OLG München, Beschluss vom 1...