Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 15.11.2004; Aktenzeichen 51 F 67/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Cottbus vom 15.11.2004 (51 F 67/04) aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der der Antragstellerin bereits bewilligten Prozesskostenhilfe zurückverwiesen.
Gründe
Das als sofortige Beschwerde i.S.d. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zu wertende Rechtsmittel der Antragstellerin gegen die ihr Rechtsanwalt K. im Hinblick auf die zu erwartenden Fahrtkosten nur eingeschränkt beiordnende Entscheidung des AG Cottbus vom 15.11.2004 ist statthaft; insb. ist die betroffene Partei beschwerdeberechtigt (OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1385; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rz. 19, jeweils m.w.N.). Das Rechtsmittel ist auch fristgerecht innerhalb der Notfrist von einem Monat nach § 127 Abs. 2 S. 3, § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt und begründet worden und damit zulässig.
Die sofortige Beschwerde führt in der Sache insoweit zum Erfolg, als die angefochtene Entscheidung als verfahrensfehlerhaft aufzuheben und das Verfahren zur Entscheidung über die Beiordnung eines Rechtsanwalts an das AG zurückzuverweisen ist.
Der von der Antragstellerin in ihrem PKH-Gesuch vom 20.1.2004 als vertretungsbereiter Wahlanwalt benannte Rechtsanwalt K. hat auch auf Nachfrage des Gerichts stets ausdrücklich erklärt, dass er, obgleich weder am Gerichts- noch am Wohnort der Antragstellerin dienstansässig, seiner Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts nicht bzw. nur dann zustimme, wenn ihm die zu erwartenden Fahrtkosten in Höhe einer (weiteren) Korrespondenzgebühr erstattet werden würden. Damit ist eine stillschweigende Zustimmung, die bereits darin liegen kann, dass ein auswärtiger Anwalt beantragt, beigeordnet zu werden (so OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1385; OLG Schleswig JurBüro 1992, 486; OLG Stuttgart v. 15.12.1998 - 15 WF 564/98, OLGReport Stuttgart 1999, 122; OLG Hamm FamRZ 2000, 1227; OLG Hamburg v. 15.2.2000 - 12 WF 25/00, OLGReport Hamburg 2000, 282 = FamRZ 2000, 1227) ausgeschlossen. Eine die Erstattungsansprüche des Anwalts - etwa die Auslagen nach § 126 BRAGO bzw. nun § 46 RVG betreffend - einschränkende Beiordnung ist ohne seine Zustimmung aber gesetzeswidrig, weil das Gericht nicht berechtigt ist, über fremde Rechte zu disponieren (OLG Braunschweig v. 12.7.1983 - 2 WF 72/83, AnwBl. 1983, 570; OLG Koblenz v. 25.7.2001 - 14 W 525/01, MDR 2002, 175; OLG Düsseldorf v. 23.2.1993 - 3 WF 13/93, FamRZ 1993, 819; OLG Hamm FamRZ 1995, 748; OLG Zweibrücken v. 27.6.2001 - 2 UF 12/01, OLGReport Zweibrücken 2001, 481 = FamRZ 2002, 107; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 547, m.w.N.). Vor diesem Hintergrund kann die angefochtene Entscheidung, mit der das AG zwar Rechtsanwalt K. nicht ausdrücklich zu den Bedingungen eines am Ort des Prozessgerichts ansässigen Anwalts beigeordnet hat, wohl aber den Fahrtkostenerstattungsanspruch einschränkte, keinen Bestand haben. Allerdings kommt die Beiordnung eines Anwalts, der weder am Gerichtsort noch am Wohnort der Partei dienstansässig ist, nach § 121 Abs. 3 ZPO nur dann in Betracht, wenn dadurch der Staatskasse keine weiteren Kosten entstehen. Dies widerspricht weder der Grundsatzentscheidung des BGH in MDR 2003, 233 (BGH v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152) noch dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der verfassungsrechtliche Schutz einer bedürftigen Partei erstreckt sich nur darauf, dass ihr die Prozessführung möglich sein muss (BVerfG v. 26.4.1988 - 1 BvL 84/86, BVerfGE 78, 104), nicht aber, dass die Bedürftige einer vergüteten Partei gleichzustellen ist (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 121 Rz. 12, m.w.N.). In diesem Rahmen oblag dem Gesetzgeber die Gestaltungsfreiheit, von der er im einschränkenden Sinne der genannten Vorschrift in erster Linie zur Vermeidung unnötiger Reisekosten Gebrauch gemacht hat. Dennoch ist die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts nicht stets abzulehnen, vielmehr muss das Erwachsen von Mehrkosten definitiv zu erwarten sein. Dies ist vorliegend im Falle einer Beiordnung von Rechtsanwalt K., dessen Kanzlei sich noch erheblich weiter vom Gerichtsort entfernt befindet als der Wohnort seiner Mandantin, jedoch zu erwarten. Dies wird das AG bei seiner erneuten Entscheidung exakt zu prüfen haben, wenn es die Beiordnungsvoraussetzungen, zu denen das Nichtentstehen zusätzlicher Kosten gehört, festzustellen hat. Gegebenenfalls wird es die Antragstellerin aufzufordern haben, einen anderen, die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllenden Anwalt ihrer Wahl zu benennen.
Fundstellen
FamRZ 2005, 2005 |
JurBüro 2005, 370 |
OLGR-Ost 2005, 562 |
www.judicialis.de 2005 |