Verfahrensgang
AG Nauen (Entscheidung vom 24.09.2019; Aktenzeichen 34 OWi 521/18) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 24. September 2019 wird verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Brandenburg vom 5. Juni 2018 ist gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 38 km/h eine Geldbuße von 160,- Euro festgesetzt und ein einmonatiges Fahrverbot unter der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet worden. Den hiergegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht Nauen durch Urteil vom 24. September 2019 nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung, ohne von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden worden zu sein, der Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben sei. Der Betroffene sei bereits mit der Ladung zum Termin am 17. Mai 2019 darüber belehrt worden, dass er bei erneuter Krankmeldung ein amtsärztliches Attest vorzulegen habe. Dies sei nicht erfolgt.
Gegen dieses dem Betroffenen am 27. September 2019 zugestellte Urteil hat er mit Anwaltsschriftsatz vom 1. Oktober 2019 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung beantragt und zugleich Rechtsbeschwerde eingelegt, die er mit Anwaltsschriftsatz vom 4. November 2019 begründet hat.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwischenzeitlich rechtskräftig verworfen worden.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 30. Januar 2020 beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Nauen zurückzuverweisen.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Die gegen die Einspruchsverwerfung gerichtete Rüge der Verletzung des § 74 Abs. 2 OWiG ist nicht zulässig erhoben.
Zwar durfte das Amtsgericht den Einspruch nicht mit der oben genannten Begründung verwerfen, denn einem Betroffenen kann zur Glaubhaftmachung einer Erkrankung nicht auferlegt werden, ein amtsärztliches Attest beizubringen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19. Januar 2018 - 1 OWi 2 Ss Bs 84/17 -; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. März 2006 - 1 Ss 257/05 m. w. N. -). Der amtsärztliche Dienst führt Begutachtungen von Einzelpersonen im Auftrag nach gesetzlichen Vorschriften durch. Auftraggeber können beispielsweise Gerichte, Behörden, öffentlich-rechtliche Institutionen und vergleichbare Einrichtungen sein. Grundsätzlich ist ein schriftlicher Untersuchungsauftrag erforderlich. Der Betroffene selbst kann daher kein amtsärztliches Attest einholen (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O.).
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausbleibt (§ 74 Abs. 2 OWiG) ist auch nicht, ob er sich durch eigenes Vorbringen genügend entschuldigt hat, sondern vielmehr, ob er entschuldigt ist, das heißt, ob sich aus den Umständen, die dem Gericht zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannt und im Wege des Freibeweises feststellbar waren, eine ausreichende Entschuldigung ergibt. Hierbei ist der Betroffene nicht zur Glaubhaftmachung oder zum Nachweis der vorgebrachten Entschuldigungsgründe verpflichtet. Im Falle des Nichterscheinens wegen einer Erkrankung oder ähnlicher Umstände liegt ein Entschuldigungsgrund vor, wenn die damit verbundenen Einschränkungen oder Beschwerden nach deren Art und Auswirkung eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar machen, wobei Verhandlungsunfähigkeit nicht gegeben sein muss (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30. August 2016 - (2 B) 53 Ss-OWi 491/16; OLG Hamm NStZ-RR 1998, 281). Der Tatrichter muss dabei eine ärztliche Bescheinigung nicht ungeprüft anerkennen. Bloße Zweifel an der Aussagekraft eines Attests dürfen jedoch nicht ohne weiteres zu Lasten des Betroffenen gehen. Vielmehr hat der Tatrichter in solchen Fällen von Amts wegen den Umständen nachzugehen, die Zweifel an der Entschuldigung begründen können, und den Sachverhalt aufzuklären (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. April 2005 - 1 Ss 40/05 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Ausweislich der Urteilsgründe hat der Verteidiger im Termin der Hauptverhandlung für den Betroffenen ein privatärztliches Attest vorgelegt. Soweit die Bußgeldrichterin daraufhin fernmündlich mit der das Attest ausstellenden Ärztin Rücksprache gehalten hat, erfolgte dies jedoch nur zur Klärung der Frage, ob der Betroffene die Praxis persönlich aufgesucht hat, nicht jedoch zur Klärung der Verhandlungsfähigkeit.
Ob das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht, kann das Rechtsbeschwerdegericht jedoch nicht nachprüfen. Die formgerechte Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des § 74 Abs. 2 OWiG erfordert, dass der Betroffene die die Entschuldigung begründenden bestimmten Tatsachen so schlüssig vorträgt, dass sich die V...